Full text: Grundzüge der Geschichte des Mittelalters (Teil 2)

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abgestumpften Keils (cuneus). Außer dem Fußvolk stellte jeder 
Gau für das Vortreffen eine erlesene Schar, die sogenannten 
„Hundert", fünfzig Rotten, aus je einem Reiter und einem dem¬ 
selben zugeteilten leichtbewaffneten Fußgänger bestehend. Nur 
einzelne Völkerschaften des Niederlandes (Tenkterer, Bataver) 
stellten außer den Gefolgsmannen und den Reitern der „Hundert" 
größere Geschwader Berittener. 
3. Die Führer des Heeres, der König oder der Herzog, 
wirkten mehr durch Vorbild als durch Befehl. Die höchste Straf- 
gewalt zur Wahrung des öffentlichen Friedens übten auch im 
Heere die Priester im Namen des Kriegsgottes Ziu, dessen heilige 
Zeichen, fahnenartig an Speerstangen befestigt, während des 
Friedens in heiligen Hainen aufbewahrt, im Kriege das Heer 
in den Kampf begleiteten. Der Angriff, auf den allein Auf¬ 
stellung und Taktik berechnet waren, erfolgte unter dem Schild¬ 
gesang (barditus) und lautem Kriegsruf. Die Kampfeswut 
wurde noch gesteigert durch die Nähe der Weiber und Kinder 
hinter der Wagenburg. 
5. Götterglaube und Götterverehrung. 
1. Ihren Glauben haben die Germanen auf der arischen 
Grundlage eines Lichtkultus der rauhen, zum Kampfe heraus¬ 
fordernden Natur ihres Landes, ihrem kampfesfrohen Wesen und 
ihren harten Lebensschicksalen entsprechend eigenartig weiter aus¬ 
gebildet. In ihren Göttern sahen sie die segenspendenden und 
die zerstörenden Elementargewalten der Natur, die Kräfte des 
Lichtes und der Finsternis verkörpert. Die guten Götter, die 
Äsen („Stützen") werden dann zu Trägern auch der sittlichen 
Weltordnung und stehen als solche in beständigem Kampfe gegen 
die bösen Riesen oder Dürfen („Dürstenden"), die einst selbst 
Naturgötter einer roheren Entwickelungsstufe waren und später 
durch jene aus der Verehrung der Menschen verdrängt wurden 
(vgl. Titanen und Olympier). 
2. An der Spitze der Äsen steht die große Götterdreiheit 
Wuotan, Donar, Ziu. Unter ihnen ist der älteste und höchste 
Wuotan, der Allvater, der Gott des Himmels, d. h. des Lust- 
meeres in seinen Wandlungen (ahd. watan — waten, vgl. Wut), 
der Herr des Sturmes („wilde Jagd", „wütendes Heer"), dann 
des wütenden Kampfes (Rabe und Wolf ihm heilig), Schlachten¬ 
ordner, Siegverleiher. Die gefallenen Helden (Einherier) halten 
ihren Einzug in Walhalla; Walküren sind die Schlachtenjung-
	        
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