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7) Unter der Führung des tapfern Polenkönigs Johann
Sobieski zog das 64 000 Mann starke Heer die Anhöhen
des Kalenbergs herab gegen die Stadt heran. Die Türken
hatten nun gegen zwei Seiten Front zn machen, konnten
aber trotz ihrer Uebermacht der glänzenden Tapferkeit der
vereinigten Polen und Deutschen nicht widerstehen. Der
Großvezier verlor die Besinnung und floh, und seinem Bei¬
spiel folgte das Heer.
8) Wie nach der Araberschlacht (5,1*) siel das ganze
feindliche Lager, 300 Kanonen, 15 000 Zelte, 9000 Wagen,
10 Millionen an Geld und Kostbarkeiten und unermeßliche
Vorräte von Kaffee, der erst nits diesem Anlaß in Deutschland
bekannter wurde, den Siegern in die Hände.
9) Zur Strafe für seine Niederlage wurde der Großvezier
auf Befehl des Sultans erdrosselt, Johann Sobieski dagegen
von den Wienern mit Dankes- und Ehrenbezeugungen über¬
schüttet.
10) Durch den Sieg bei Wien war dein Vordringen
der Türken für immer Einhalt gethan. Die Zeit der türkischen
Hochflut war vorüber, die Zeit der Ebbe begann. Kaiser-
Leopold hatte das Glück, ausgezeichnete Feldherren zu besitzen,
die in dem noch fünfzehn Jahre dauernden Türkenkriege
eine Reihe glorreicher Thaten vollbrachten, so z. B. Kurfürst
Max Emanuel von Bayern, der 1686 Ofen erstürmte, Herzog
Karl von Lothringen, der die Türken 1687 bei Mohacz,
und Markgras Ludwig von Baden, der sie 1691 bei Salankemen
an der Theißmündung schlug.
11) Alle aber überragte der jüngste unter ihnen, Prinz
Eugen („der edle Ritter") von Savoyen, der erste
Staatsmann und Feldherr Oesterreichs, ein edler Mensch und
pflichttreuer Patriot, der Liebling seiner Soldaten und der
Stolz der deutschen Nation.
12) Als der fünfte Sohn eines Prinzen aus einer Neben¬
linie des Hauses Savoyen 1663 geboren, wurde er für den