§ 45- Die Träger der Kultur
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32, 576—603, mit Recht daran fest, daß beträchtliche Unterschiede
nicht nur in der Architektur vorhanden sind: dem offenen flachen Hallen¬
bau im Süden steht der Bau des tiefen Megaron im Norden gegenüber,
das auf Festhalten der Wärme berechnet ist. Dem entspricht die leichte
Kleidung der Personen auf kretischen Bildwerken, während die_ myke-
nischen durchweg schwerere Bekleidungsstücke aufweisen, endlich das
Flügeltürsystem, das in Kreta alle Durchgänge vermittelt, während in
den mykenischen Palästen durchweg das Komdorsystem herrscht. Diese
Unterschiede werden wichtig, wenn es sich um die Zuweisung der Kulturen
an verschiedene Volksstämme handelt.
§ 45. Die Träger der Kultur.
Literatur. Über die Urbevölkerung s. Kretschmer, Einleitung in das Studium
der griech. Sprache, 1893. Fremde Einflüsse: Meyer GdA I 677 f. Hall, The
oldest civilization of Greece, 1901, u. The two labyrinths, Journ. _ hell. stud,
loos 320—337. Lehmann-Haupt, Aus und um Kreta, Klio 1904, 4,
,87—396. Reichel, Jahrb. des österr. arch. Inst. 1908 S. 248—58. — Myken.
Kultur griechisch: Burs. Jahresber. 1904 S. i22f. Hauptstätten in Mykene,
Orchomenos, Athen, Melos, Phyläkopi, Delphi (Perdrizet, Die Hauptergebnisse
der Ausgrabungen in D., Vers. deutsch. Phüol. in Basel 1907. Neue Jhb. 1909, 21,
22 23" vgl. den Hymn, in Ap. Pyth.), Sparta (Ausgrab, der engl. Schule zu
Athen im Annual of the Brit. School at Athens 13—15). Argos (Vollgraff,
FouiUes d’Argos, Bull. Corr. Hell. 1907 S. 139—184), Olympia (Dörpfeld, Ath
Mitt. 1908, 23, 185 — 190 trotz Furtwänglers bis zuletzt festgehaltenem, leb¬
haftem Widerspruch), Ephesos (Heberdey, Jahrb. d. österr. archäol. Inst. 1907
S. 61—78), Milet (Wiegand, Vorl. Bericht über die v. d. Kgl. Museen in
Milet und Didyma unternommenen Ausgrabungen I—VI in Sitz. Ber. Berl. Akad.
1900, 01, 04, 05, 06, 08); dagegen nicht in Korinth (Wilisch, Zehn Jahre
amerik. Ausgrabungen in K., N. Jahrb. 1909, 21, 414 439)- Dorische Wan¬
derung: Kern, Die Landschaft Thessalien, N. Jahrb. 1904, 13, 12—22. Heide¬
mann, Die territoriale Entwickelung Lakedämons u. Messeniens, Berl. Diss. 1904.
Pelasgerfrage: Ed. Meyer*, Stud. z. alt. Gesch., 1901/2. Myres, A history of the
Pelasgian theory, Joum. hell. stud. 1908, 28, 170 -225.
Die kretische Kultur nichtgriechischen Ursprungs. Das Vorhanden¬
sein einer ursprünglichen, nichtgriechischen Bevölkerung, die sich über
Kleinasien, die Inseln, das griechische Festland überhaupt und vielleicht
noch weiter nach Westen erstreckte, hat zuerst Kretschmer nachgewiesen.
In diesem Volk erblickt man jetzt allgemein den Träger _ der ältesten
kretischen Kultur. Diese war mannigfach beeinflußt, von Ägypten her,
was Meyer, Hall und Mackenzie a. a. 0. besonders betonen, aber auch von
Babylonien aus (vgl. bes. Lehmann-Haupt und Reichel) und sogar vom
Donaulande her (vgl. H. Schmidt a. a. 0.), wobei das ostindogermanische,
aus der russischen Ebene eingewanderte Volk der Thraker die Vermittlung
übernommen haben mag.
Die mykenische Kultur der Griechen. Es hegt nahe, in den oben er¬
wähnten Abweichungen der mykenischen Kultur, die auf die Gewohnheiten
eines Volkes aus rauheren Himmelsstrichen hindeutet, die erste Einwirkung
der von Norden her (durch das Axiostal) sich vorschiebenden Griechen
{Achäer, wie Dörpfeld sagt) zu erkennen (vgl. Bursians Jahresb. I9°4
S. 122 f.). Der Versuch Mackenzies a. a. O., jene Abweichungen daraus zu
-erklären, daß die aus Libyen eingewanderte Urbevölkerung sich allmählich
dem rauheren Klima in Kleidung und Bauweise anpaßte, hat wenig Beifall
gefunden. Die Zuwanderung von Norden hat sich allmählich über ganz