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177. Der Schwarzwald.
Gestiegen aus verborgnen Quellen
Im grünen, luftigen Gewand,
Um welches tausend Falten schwellen,
Strömt weit die D onau durch das Land.
Die Städte, die sich drin erblicken,
Erzählen von vergangner Zeit
Und fragen dann mit stillem Nicken:
„Wann wird die alte Pracht erneut?"
Durch alle Gau'n der freien Sachsen
Ergeht sich stolz das Riesenkind;
Es sieht wie sonst die Eichen wachsen,
Doch sucht es seinen Wittekind;
Und denkt es der gesunknen Helden,
Dann zögert es im raschen Laus
Und wünscht, was alte Sagen melden,
Herauf, aus seiner Flut herauf.
O preist die hochbeglückten Lande,
Wo Zwingherrnblut die Erde trank
Und nach gelöstem Sklavenbaude
Das Römerjoch zu Boden sank!
Vernimm, o Weser, unsre Grüße,
Sie sollen jubelnd zu dir zieh'n!
Voll Ernst und stiller Würde fließe,
Du Freiheitsstrom, zum Weltmeer hin!
Es sei der Oder jetzt gesungen
Der letzte schallende Gesang;
Einst hat ja laut um sie gerungen
Das deutsche Volk im Waffenklang.
Als es sich still und stark erhoben
In seiner starken Riesenmacht,
Da half der Helfer ihm von oben!
Geschlagen ward die Völkerschlacht.
So rauscht, ihr Ströme, denn zusammen
In ein gewaltig Heldenlied!
Zum Himmel schlagt, ihr hellen Flammen,
Die ihr im tiefsten Herzen glüht!
Eins wollen wir uns treu bewahren,
Doch eins erwerben auch zugleich:
Du, Herr, beschütz' es vor Gefahreu
Und zu uns komm dein freies Reich!
Schenkendorf.
. 177. Aer Schwarzwald.
Es ist ein herrliches Stück Land, unser Schwarzwald! Bis nahe an 1500 m
steigen gewaltige, schön geschwungene Berge empor, von denen immer einer
den andern überragt. Kuppen und Hochtalsohlen sind hier von saftigen Alpen¬
wiesen überdeckt, dort vom köstlichsten Walde. Häufig zeigen sich Felsgebilde
von starrer Wildheit, ja stundenlang sich fortziehende enge Felsenschluchten. Durch
diese Schluchten, diese Täler eilen hell blinkende, immer rauschende Bäche und
Flüßchen, welche manchen schönen Wassersall bilden. Üppige Feldfluren ziehen
sich die niederen Höhen hinauf. Obst- und Weingelände umgeben zahllose Sied¬
lungen in den wärmeren, westlichen und südlichen Teilen. Aber Städtchen und
Dörfer sind auch hoch hinaus über das ganze Gebirgsland zerstreut. Die Sied¬
lungen strecken sich bald lang hin in den Tälern bald weit und breit in mehr ver¬
einzelten Höfen über die breiten, welligen Höhen fort. Alle diese Wohnstätten
der Menschen machen den wohltuendsten Eindruck durch ihre Gediegenheit, Sauber¬
keit und viele durch ihre ins Auge springende Wohlhabenheit. Dazu begegnet
der Wanderer überall altersgrauen Mauern, für Geschichte oder Sage bedeu¬
tungsvollen Burg- und Schloßtrümmern.
Der Name des Gebirges deutet darauf hin, daß sich ein ausgedehnter Be¬
stand von Nadelholz hier finden muß, und derselbe ist in seiner Größe und Voll¬
kommenheit in der Tat eine Pracht an sich selbst. Aber auch herrliche Laubwälder
bedecken Teile des Gebirges. Aufwärts steigend findet man vor allem Buchen,
Ahorn und Eichen; erst darüber tritt der eigentliche „Schwarzwald" herrschend