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Plebejer wieder aufs äußerste angewachsen, während der Besitz¬
stand der Patricier durch fortdauernden Erwerb des ager publicus zunahm.
Marcus Manlius Capitolinus beantragte daher, daß der ager publicus verkauft
würde, damit mit dem Erlöse desselben die Schulden der verarmten Plebejer
getilgt würden. Aber der gesamte Adel vereinigte sich gegen diesen Vor¬
schlag, klagte den Manlius des Hochverrats an und setzte seine Verurteilung
in den Centuriatkomitieu durch.
Dadurch vereitelten zwar die Patricier ähnliche Anträge aus ihrer Mitte,
aber die Not des Volkes wuchs immer mehr. Daher beantragten die Volks-
tribuuen Gajns Licinius Stolo und Lucius Sextius: 376
1. Die gezahlten Zinsen sollen vom Kapital abgezogen und der Rest
innerhalb dreier Jahre in gleichen Teilen bezahlt werden;
2. niemand soll mehr als 500 Morgen vom Gemeindeland besitzen;
3. es sollen keine Kriegstribunen, sondern wieder Konsuln gewählt
werden, von denen einer ein Plebejer sein müsse.
Nach lOjährigem Widerstände gaben die Patricier nach. Auch wurden
zur Befragung der sibyll mischen Bücher nicht mehr 2, sondern 10 Männer
(decemviri sacrorum) gewählt, von denen die Hälfte Plebejer sein mußte. 366
Lucius Sextius war der erste plebejische Konsul.
Abgezweigt wurde von dem Konsulat die Rechtspflege, welche einem
patricifchen Prätor verblieb.
Auch für die Polizeiverwaltung fügten die Patricier aus ihrer Mitte
2 kurulische Ädileu zu den beiden plebejischen hinzu. Diese genossen die
Ehre der sella curulis (wie die Konsuln, Censoren und Prätoren) uud
sorgten für die römischen Spiele. Durch kostspielige Volksbelustigungen
machten sich die Ädilen beim Volke beliebt, um bei den nächsten Wahlen ein
höheres Amt zu erlangen. Deshalb setzten die Plebejer es durch, daß die
kurulischen Ädilen jährlich wechselnd aus Patriciern und Plebejern in den
Tributkomitieu erwählt wurden.
Überhaupt sielen seit dem Jahre 366 alle bedeutenden Staatsämter
(Diktatur, Censur, Prätur) nach und nach auch den Plebejern zu. Schlie߬
lich gelangten sie i. I. 300 durch das Gesetz des Ogulnins zu deu Priester- 300
stellen der Pontifices und Angureu.
Der Ständekampf war zu Ende; das Volkstribnnat hätte nun als eine
überflüssige Behörde beseitigt werden müssen, blieb aber bestehen. Gewesene
Tribunen erhielten Sitz und Stimme im Senat.