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teten und kochten es und setzten es dem Vater zur Speise vor. Der
wußte von allem nichts und aß vergnügt von dem schrecklichen Ge¬
richte. Nach der Mahlzeit fragte ihn Astyages: „Nun, wie hat
dir das Gericht geschmeckt?" — „Ganz vortrefflich!" erwiderte der
fröhliche Vater. — „Weißt du aber auch," fuhr Astyages mit bitterem
Hohne fort, „von welchem Wildbret du gegessen hast?" und siehe!
auf des Königs Wink bringen die Diener dem Harpagus in einem
verdeckten Korbe den Kopf, die Arme und die Seine seines Sohnes.
Das Vaterherz blutete bei diesem Anblicke; vor dem Angesichte des
Wüterichs aber durste sein Ingrimm nicht laut werden. Er stellte
sich gefaßt und verschloß seinen Kummer in der Brust, schwur aber
zugleich dem Astyages Rache.
Der König wurde indes von den Tranmdeutern über die Er¬
haltung des Eyrus beruhigt. Sie sagten: „Dein Traum, o König,
ist jetzt erfüllt, da er von den Knaben bereits zum Könige erwählt
ist und alles so gemacht hat wie die wirklichen Könige. Sei nur
getrost, er wird nicht zum zweitenmal regieren!" Jetzt freute sich
Astyages, ließ den Eyrus kommen uud sprach: „Mein Sohn, ich
habe dir großes Unrecht angethan, durch ein trügerisches Traum-
gesicht verführt; doch ein gutes Glück hat dich erhalten. Jetzt gehe
freudigen Mutes nach dem Perserlande, ich werde dich geleiten lassen.
Dort wirst du einen ganz andern Vater und eine ganz andere
Mutter finden als den Hirten und seine Frau." Hierauf entließ
er den Eyrus.
Einige Zeit nachher ließ Astyages den Eyrus, welchen er unter¬
dessen liebgewonnen hatte, mit der Mutter desselben zu sich nach
Hofe kommen. Der Knabe war in der strengen, kriegerischen Lebens¬
weise der Perser auferzogen und machte große Augen, als er hier
alles so fein geputzt uud geschminkt fand. Selbst der König auf
seinem Throne war tüchtig geschminkt an Augenbrauen, an Stirne
und Wangen. Eyrus sprang, als er in das Zimmer trat, auf den
geputzten König zu, fiel ihm um den Hals und rief: „O was ich
für einen schönen Großvater habe!" — „Ist er denn schöner als
dein Vater?" fragte lächelnd die Mutter. •— „Unter den Persern",