— 10
Kühen, Schafen und Ziegen erhalten bleiben muß, um jungen Nachwuchs
Zu gebären, daß Körner übrigbleiben müssen, um im nächsten Sommer zur
Aussaat zn dienen und neue Frucht hervorzubringen. Es war ein Vorrat
von wirtschaftlichen Gütern notwendig, der den Zweck hat, der Erzeugung
neuer Güter zu bienen. Wir nennen ihn Erzeugungsvermögen, Pro-
duktionsvermögen, Produktivkapital oder Kapital i. w. S. Hier¬
nach ergibt sich folgendes Schema:
Vermögen
(nach dem Zweck)
Konsumtionsvermögen — Produktionsvermögen,
(nach ber Dauer) Produktivkapital
Verbrauchs vermögen — Gebrauchsvermögen.
3ede Hundertschaft hatte das Ziel, die Existenzbedürfnisse ihrer Glieder
dauernd zu befriedigen. Zur Erreichung desselben dienten die Vorgänge
der Produktion und Konsumtion. Und diese beiden vollzogen sich gemäß gewissen
Veranstaltungen und Einrichtungen, z. B. daß die Hundertschaft eine
Arbeits- und Genuß-, eine Produktions- und Konsumtionsgemeinschaft war,
daß die vorhandenen wirtschaftlichen Güter in Gebrauchs-, Verbrauchs- und
Produktionsvermögen zerfielen, daß der Häuptling die Arbeiten anordnete und
das Verbrauchsvermögen verteilte. Heben wir das Wesentliche dieser Erscheinung
heraus, so erhalten wir den Begriff der Wirtschaft. Wir verstehen
darunter die Gesamtheit der Vorgänge, Veranstaltungen und
Einrichtungen, durch welche die materiellen Güter planvoll
beschafft und verwendet werden, die zur dauernden Bedürfnis¬
befriedigung einer menschlichen Gemeinschaft erforderlich sind.
^ 6. Methodisches. Diese Begriffserklärmig zählt als eins der wichtigsten
Merkmale die menschliche Gemeinschaft ans; denn, wie uns insbesondere
Gustav Schmollergelehrt hat, „ist die Vorstellung, als ob das wirtschaftliche
Leben jemals ein überwiegend individueller, weil technischer, auf individuelle
Bedürfnisbefriedigung gerichteter Prozeß sei, für alle Stufen der menschlichen
Kultur falsch", und „die Vorstellung richtig, daß, obwohl das Individuum
und die Familie arbeitet, produziert, handelt, konsumiert, es doch die grö¬
ßeren sozialen Gemeinschaften sind, welche durch ihr gemeinsames geistiges und
praktisches Verhalten alle die wirtschaftlichen Einrichtungen nach innen und
außen schaffen, auf denen ihr wirtschaftliches Leben beruht". Den Anfang
dieser Gemeinschaften macht die nomadische Hundertschaft, und diese
bildet sich dann durch Ansiedelung und Teilung zur Mark- und Dorf-
genossenschaft um. Seit der karolingischen Zeit treten die Grundherr¬
schaften daneben, und ihnen folgen die mittelalterlichen Städte.
Viele der letzteren bleiben zunächst selbständig, viele aber werden von mächtigen
Fürsten mit Grundherrschaften zu Territorien vereint. Aus der Zusammen¬
fassung der Territorien bildeten sich kleinere und größere Staaten, und
Städte und Staaten gehen schließlich in der Einheit des Reiches auf. Und
über besten Grenzen hinaus greift das wirtschaftliche Leben in die gesamte Welt.
1) ©• ©chm oller: Das Merkantilsystem in seiner historischen Bedeutung;
stäbtische, territoriale unb staatliche Wirtschaftspolitik.