Jäger: Die Schlacht bei Königgrätz. 1866. 281 
ehe der Kronprinz zur Stelle sei; um zwölf Uhr setzte ihn ein Telegramm 
aus Josephstadt in Kenntnis vom Anrücken desselben; er begnügte sich, 
dem II. Corps auf seinem rechten Flügel, Graf Thun, den Befehl zu 
schicken, einen „defensiven Haken" gegen diesen neuen Gegner zu bilden. 
Daß dieses „der Kronprinz ist da" überall in den preußischen Reihen 
eine belebende Wirkung hervorrufen mußte, ganz abgesehen von der Er¬ 
leichterung , welche sein Eingreifen sofort den am härtesten bedrängten 
Abteilungen brachte, bedarf keiner weitern Darlegung. Den einzelnen 
Gefechten auf der langen Schlachtlinie kaun unsere Darstellung nicht 
folgen; uur so viel ergiebt sich, daß von rechts und von links, von der 
Elbarmee und von der zweiten der österreichischen Armee eine Über¬ 
flügelung drohte. Aber ehe auf diese langsame Weise der Sieg erstritten 
ward, fiel nachmittags gegen drei Uhr auf unerwartete und in der Kriegs¬ 
geschichte selten erhörte Weife die Entscheidung. Während das II. öster¬ 
reichische Corps seine Frontveränderung vornahm, um dem neuen Feinde, 
der Armee des Kronprinzen, die Spitze zu bieten, entstand eine Lücke in 
dem Raum zwischen Maslowed, Cistowes und Chlum, dem Schlüssel¬ 
punkte der österreichischen Stellung; begünstigt von dem bei dem feuchten 
Wetter langsam sich verziehenden Pulverdampf, vermag es die erste Garde¬ 
division unter General Hiller von Gärtringen, fast hart am linken Flügel 
jenes österreichischen Corps vorbei, in diesen Raum einzudringen. Während 
ans Meilen in der Runde alles von Kanonen und Soldaten starrte, 
drangen sie hier an dieser wichtigsten Stelle, säst ohne Widerstand zu 
finden, bis zum Fuße der Höhe von Chlum und den Ostabhang der¬ 
selben hinaus: ein Teil dringt gleich weiter südwärts gegen das hart an 
der großen Chaussee, welche das Schlachtfeld durchschneidet, gelegene 
Rosberitz, und wie durch ein Wunder sind die beiden Dörfer, das Herz 
der feindlichen Stellung, Chlum und Rosberitz, in preußischen Händen. 
Man meldet es Benedek, der wenige hundert Schritte vom Dorfe Chlum 
'entfernt, auf der Höhe von Leipa, mit seinem Stabe hält. Er will es 
nicht glauben und reitet selbst herzu; die Gewehrschüsse, mit denen er 
empfangen wird, lassen keinen Zweifel übrig. Vergebens holt er seine 
Reserven herbei und befiehlt, die Dörfer um jeden Preis wieder zu 
nehmen. Die Lage der zwölf Gardebataillone, mitten unter feindlichen 
Waffen, war in der That sehr kritisch, und Rosberitz ging auch wirklich 
wieder verloren, aber der Sturm der Österreicher auf Chlum nach vier 
Uhr mißlang, und von Viertelstunde zu Viertelstunde gewann nun der 
Kamps eine für die Preußen günstigere Gestalt. Um drei Uhr war auch 
aus dem südwestlichen Ende des Schlachtfeldes das Dorf Problus trotz 
des tapfern Widerstandes der Sachsen im Besitze der Elbarmee, die nun, 
mit hinreichenden Truppenkräften nach Norden ausgreifend, auch ihrer¬ 
seits den Truppen des Centrums Luft macht. Um ilj2 Uhr ist der
	        
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