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abgedampft, alle Unreinigkeit entfernt und so unser reines, weißes Kochsalz bereitet
wird. Nun kamen wir an den Tonnenschacht, ein ganz gerades, senkrechtes Loch,
wie ein weites Kamin; wir blickten in die Höhe und da war es, als stünde über
uns ein kleiner, mattleuchtender Stern. Das ist das Tageslicht, sagte unser Führer,
das in weiter Ferne durch den engen Schacht so schwach und klein erscheint. Hier,
fuhr er fort, sind früher häufig die Leute in der Tonne eingefahren; das ist aber
jetzt verboten, weils nicht ganz ohne Gefahr abgeht. Jetzt wird nur noch das
Steinsalz in der Tonne hinausgeschafft, damit es droben in der Stampfmühle ge¬
mahlen wird; dies gibt das Viehsalz und Dungsalz. Es gelüstete uns nicht, in
der Tonne auszufahren, und wir zogen die viel beschwerlichere, aber sichere Ausfahrt
an der Leiter vor. Aber das kostete Schweiß, und mehrere Tage nachher thaten uns
noch vom langen Steigen die Glieder weh. Wie wohl wars uns, als wir ans lieb¬
liche Tageslicht wieder kamen, das, so stauuenswürdig schön es drunten ist, doch mit
seiner sanften, heitern Kraft alle andere Schönheit überbietet! Jetzt ist noch ein
anderer bequemer Ein- und Ausgang gemacht, ein Treppenschacht, wo man auf viel
hundert in den Felsen gehauenen Treppen immer in schnurgerader Richtung hinein-
und heraussteigt, und zum bleibenden Gedächtniß des jetzt regierenden Königs ist
diesem Treppenschachle mittelst Berechnung des Standes der Sonne am 27. Sept
zur Mittagszeit und mit Hülfe des Eompasses eine solche Richtung gegeben worden,
daß durch ihn alljährlich am Geburtsfeste des Königs um jene Tageszeit die Sonne
ihre Strahlen in die Tiefe des Bergwerkes wirft.
84. Fahrt durch das Salzbergwerk bei Hallein.
Wir standen hoch oben am Dürrenberge in Bcrgmannsgestalt. Ueber unsere
Kleider hatten wir weite, leinene Jacken und Hosen gezogen; hinten hinab hing eine
lederne Schürze; an der Rechten trugen wir einen dicken Handschuh und in der
Linken ein Licht. Der Steiger, ein großer, ernster Mann mit einem starken Schnurr¬
bart, führte uns an ein Thor, über welchem geschrieben stand, daß Johann Jakob,
Erzbischof von Salzburg, 1654 zuerst den Berg angebrochen habe. „Glück auf!*
rief der Steiaer, und dieses Wort gefiel uns sehr, da wir durch das Thor in den
dunkeln Schooß der Erde hineinsahen. Man sollte auch sonst, wenn cs so in die
Erde hineingeht, wenn man sich in ein irdisches Geschäft vertiefen muß, des herz¬
lichen, zu Gott gerichteten Wunsches „Glück auf!" nicht vergessen, daß man nicht
darin verschüttet und vergraben werde, sondern wohlerhalten wieder heraufkomme an
die obere Welt des Lichtes. Zu dem lauten Gebetsspruch des Steigers thaten wir
denn auch ein stilles Flehen; und als wir uns dem, der die Säulen der Welt und
also auch der Berge in seiner Hand hält, kindlich trauend befohlen hatten, da fuhren
wir in die uns entgegengähnende Finsterniß mit getrostem Muthe ein. Es war
aber bei uns keine eigentliche Fahrt, sondern ein ganz gemächliches Wandeln in einem
wagrechten Gang. Ein solcher heißt in der Bergmannssprache ein Stollen. Er
war gar nicht furchtbar und greulich, sondern meist auf beiden Seiten und an der Decke
schön mit Gebälk und Brettern ausgelegt, welche das lockere Gestein und Erdreich
halten mußten. Und wo das Gewölbe von selber festhielt, da war es noch schöner.
Da fehlten die Balken und Bretter, und man sah in den nackten Wänden schon Alles
voll Salz. Das war mir ein rührender Anblick, wenn ich dachte, was es doch für