Die sieben Mächte des Dreiverbandes und die Zentralmächte.
Die letzte Verständigung der Gegner
und die Zentralmächte.
England wollte den Krieg und hatte die nötigen
Bundesgenossen sich im Dreiverband gesichert. Ohne
solche geht es ja niemals in einen ernsten Krieg. Sie
haben die schwere Arbeit zu tun; aber Leiter und Herr
des Unternehmens bleibt selbstredend England.
Den bestimmten Gedanken, das aufblühende Deutsch¬
land, das nun auch den Luxus einer Flotte sich erlaubte,
durch Einkreisen, d. h. durch Sammlung aller mißgün¬
stigen Nachbaren, zu zertrümmern, hatte Edward VH.
gefaßt. Jetzt kam die Zeit der Ausführung.
i Archangel
Nördl. Polarkreis
’etersburg
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Irkutsk
Berlin
oWarschau
Wien
Amur
Quebec
Montreal^
Lissabons \
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Cypern
Bermudas-1.
Kanar. I.
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Bombay!
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Kapverdische I.
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Wendekreis des Krebses
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Marshall-I. I
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Amiranten
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Australien
Vereinigte Staaten
von Australien
Mauritius
S.W.- j
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Samoa
ieunion
Rio de Janeiro
Kapland
Wendekreis des Steinbocks
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(reinigte Staaten von Australien
!uenos Aires
Norfolk
St. Maria
1/11 /
Valdivia«
.Auckland
] Die Mächte des Dreiverbandes,
] Die Zentralmächte.
Denn es war Gefahr im Verzüge. Schon auf manchen Gebieten, wie in der
elektrischen und chemischen Industrie, hatte Deutschland England wirklich
überholt. Auf ändern wurde der Abstand immer geringer, selbst auf dem aller
Eisenwaren.
Demnach übertraf Deutschland wohl auch an Wohlstand in absehbarer Zeit
das alte England. Deshalb galt es, sofort den glücklicheren Nebenbuhler zu ver¬
nichten.
Zur Mitwirkung waren selbstverständlich bereit Frankreich und Rußland.
Rußland dachte auf diesem Wege den Bosporus zu gewinnen und Frankreich
dachte an seinen Landverlust und an seine verletzte Eitelkeit. Ununterbrochen
wurde dazu von den „Patrioten“ der Haß genährt, und um so mehr entwickelte
sich der Wille zur Tat, je sicherer augenscheinlich der Erfolg wurde. So schloß
es mit Rußland einen Zweibund und opferte diesem stets geldbedürftigen Lande
um so unbedenklicher seine Milliarden, als durch den Beitritt Englands (Drei¬
verband) der schnelle Sieg über das eingekreiste Deutschland wirklich zweifellos
zu werden schien. (S. die Karte.)
Die Erinnerung an 1870/71 rief allerdings hin und wieder Sorgen wach. Aber
wenn Englands Flotte die deutschen Kriegsschiffe noch schneller vernichten würde,
als seine Kriegserklärung in Berlin anlange, und wenn die russischen Millionen-
heere die deutschen Armeen einfach wie eine Dampfwalze niederdrücken würden
— und das alles war zweifellos —, dann konnte der Krieg nicht mißlingen.
Und wenn die Unterstützung Rußlands Milliarden kostete, was schadete dies; man
holte sie ja sicher doppelt aus Deutschland zurück.
Eine kleine Sorge blieb allerdings: Reichen Frankreichs Kräfte für den
ersten Anfang und wird sein Boden nicht doch vielleicht zeitweilig der Kriegs¬
schauplatz werden? — Aber auch diesen Fall hatten seine Berater (Delcass6)
weise vorgesehen. Durch die dreijährige Dienstzeit war die französische Friedens¬
stärke so gemehrt, daß sie der deutschen an Zahl gleichkam, und außerdem
war auch für die Ferne des Kriegsschauplatzes alles gesichert. Auch England
hatte hier vorgearbeitet und mit Belgien kriegerische Maßregeln verabredet, die
ausschließlich gegen Deutschland gerichtet waren. In diesem Sinne waren die
Befestigungen von Antwerpen, Namur und Lüttich angelegt, in dieser Absicht die
Munitionslager in Maubeuge gefüllt und über alle Einzelheiten mit dem „neutralen“
Belgien Abmachungen getroffen, die nicht den Pflichten entsprachen, die gerade
auch ein neutraler Staat hat. Neutralität bringt auch Pflichten, nicht bloß Rechte.
Der Dreiverband gewann durch Belgiens Beitritt einen neuen Bundesgenossen
mit 180 000 Soldaten; er gewann aber auch die Möglichkeit, über Belgien den Krieg
an den Niederrhein zu tragen und vielleicht das unendlich wichtige Industrie¬
gebiet in seine Hand zu bekommen. Man mußte nur schnell handeln.
Eine neue Erweiterung erfuhr der „Dreiverband“ durch die ruchlose Tat
serbischer Mörder. Das österreichische Thronfolgerpaar war von diesen in Serajewo
am lichten Tage ermordet worden, und die Untersuchung ergab, daß serbische
Offiziere und serbische Beamte hinter den Mördern steckten. Als Österreich zur
Sühne an den Staat Serbien Forderungen stellte, die allerdings eine wohlverdiente
Demütigung bedeuteten, schämte sich Rußland nicht, auch in diesem Falle über
den Balkanstaat seine schützende Hand zu halten. Demnach wurde Serbien der
fünfte Genosse des Dreiverbandes, und weil Serbien Krieg führte, tat Monte¬
negro, sein kleinerer Nachbar, dasselbe.
Aus so erbärmlichen Gründen brach am 1. August 1914 urplötzlich der furcht¬
bare Weltenbrand aus.
Zu den sechs Genossen fand sich dann noch ein siebenter: Japan. Allerdings
hatte es mit Deutschland keinen Streit irgend welcher Art, aber England, das so
oft freigebig ist mit fremdem Gut, verhieß ihm für die Mitwirkung Tsingtau,
und Japan griff jetzt ohne Bedenken zu. — Wie unendlich töricht Englands aus¬
wärtiger Minister Grey dabei handelte, daß er gerade diesen Bundesgenossen in
den Krieg hineinzog, wird er wohl bald genug selber erfahren.
Und noch immer neue Hilfe suchte England. Auch Portugal sollte helfen
und wollte auch helfen, denn das Unternehmen war ganz sicher, und im Hafen von
Lissabon lagen so schöne deutsche Schiffe. Man brauchte nur zuzugreifen. Man
beschloß also, mitzutun. Die Zeit der Ausführung überließ man dem Ministerium.
Noch andere Mächte wurden zur Beteiligung eingeladen, sogar Rumänien und
Italien, die beide den Zentralmächten bisher mehr oder minder verbündet gewesen.
Man riet ihnen, schnell beizutreten. Jetzt könnten sie noch Anteil an der Beute
mitbekommen. Da die Macht der Westmächte auch über alle Meere reichte, wurde
gleichzeitig an die „Gewissenhaftigkeit“ aller Neutralen zur Mitwirkung appelliert,
damit dieser furchtbare Krieg bald beendet und alle von dem Drucke Deutsch¬
lands bald befreit würden. Als aber der Krieg sich wohl rasch entwickelte, die
Erfolge des Dreiverbandes jedoch auf sich warten ließen, vertagten die Neutralen,
voran das tapfere Portugal, doch noch den Übergang zur Tat.
Dagegen trat den Zentralmächten aus sehr gesunden Instinkten die Türkei
bei. Denn sie und Österreich und Deutschland als Staaten aufzulösen, das
war ja gerade der gemeinsame Wunsch aller Verschwörer. So mußten sie schon
Zusammenhalten.