Full text: Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen

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glänzend bewährt hatte, und die Preußen unter Blücher und 
Gneisenau dem Kaiserreich ein Ende mit Schrecken. 
Napoleon wollte durch Belgien nach Deutschland Vordringen. 
„Pauvre Landwehr, demain tu ne seras plus!“ spottete er 
in altem Übermut, als er an der Sarnbre die Mützen mit dem 
16.Zum Blechkreuz erkannte. Bei Ligny südwärts von Brüssel wars 
1815 ev sjch auf die Preußen. Mann an Mann rangen die beiden 
Heere in den wogenden Kornfeldern. Die ersehnte Hülse kam 
nicht, die Preußen ermatteten- Gegen Abend des glühenden 
Tages, als eben ein Geroitter losbrach, führte der 72jährige 
Feldherr selbst einige Reiter-Regimenter gegen den Feind, ward 
aber zurückgeschlagen unb verfolgt. Sein verwnnbeter Schimmel 
brach unter ihm zusammen. „Nostiz, nun bin ich verloren," 
sagte er zu seinem Adjutanten, ber vom Pferbe sprang unb sich 
mit gezogenem Säbel neben ihn stellte. Die Franzosen jagten 
an ihnen vorbei; Kalb nachher sausten sie zurück, bie Preußen 
hinter ihnen her. Rasch fiel Nostiz dem ersten deutschen Reiter 
in die Zügel und forderte Hülfe für den Feldmarschall. Sechs 
Ulanen hoben den Greis halb bewußtlos unter bein toten Pserb 
hervor und retteten ihn, ehe bie Franzosen wieder kamen. Unter 
unerträglichen Schmerzen ritt er hinweg; gegen Roß und Reiter, 
die ihn fortgebracht, ist er dankbar geblieben. 
Gneisenan führte unterdes das geschlagene Heer nordwärts, 
näher an die Engländer, denen Blücher zu helfen versprochen 
hatte, wenn an sie die Reihe komme. Nach langem Suchen 
fand er in einem Dorfe den totgeglanbten Freund, der schon 
wieder sein gewohntes Gutnachtpfeifchen schmauchte. „Wir haben 
Schläge gekriegt," rief ihm ber Alte zu, „bas müssen wir wieber 
ausbessern." Auch seinen Kriegern sprach er am anberen Tage 
Mut ein in einem Tagesbefehle, roelcher schloß: „Ich roei'be 
Euch wieber vorwärts führen; wir werben beit Feinb schlagen; 
bettn wir müssen." 
Darüber sammelte unb orbnete sich bas Heer wieder. 
Die Nacht hindurch und den folgenden Sonntagmorgen, den 
18.Juni 18. Juni, regnete es in Strömen. „Der alte Alliierte von der 
Katzbach!" sprach Blücher zu Gneisenau, als er zu Pferde stieg; 
„da spareit wir betn König wiederum das Pulver." Es wurde 
Blüchers schönster Ehrentag. 
Wellington wußte, als Napoleon ihn angriff, baß Blücher 
ihn nicht im Stiche lassen werbe. Hartnäckig rangen Engländer 
und Franzosen den ganzen Tag um den Sieg bei Waterloo. 
Schon wankten die furchtbar- gelichteten Reihen des Herzogs. 
„Blücher oder die Nacht!" seufzte er. In der höchsten Not 
traf auf seinem schwachen linken Flügel die preußische Vorhut
	        
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