Full text: Abriss der Geschichte des Mittelalters von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden

§ 17. Die Theologie und Wissenschaft des späteren Mittelalters. 43 
Bombarden oder Donnerbüchsen, zunächst zum Yortheil der reichen 
Städte. So geht auch auf geistigem Gebiete die ritterliche Minne¬ 
poesie in den zunftmässigen" Meistergesang über. Aber auch die 
Wissenschaft, bis dahin ein Monopol weniger Kleriker, fängt an all¬ 
gemeiner und selbständiger zu werden durch die Gründung der Uni¬ 
versitäten Prag, Wien, Heidelberg, Erfurt, Köln. 
§ 17- 
Die Theologie und Wissenschaft des späteren Mittelalters. 
Kirchliche Reformbestrebungen. 
Die beiden Richtungen innerhalb der Theologie: 1) der Mysti- 
cismus, d. i. das Ergreifen der Religionswahrheiten mit der Ge¬ 
sinnung, der Hingebung des Menschen an die zunächst heiligende und 
dann auch erleuchtende Kraft der göttlichen Wahrheit, ein inneres 
Erleben derselben; 2) der Scholasticismus, welcher die überliefer¬ 
ten kirchlichen Lehren, natürlich ohne sie selber zu bezweifeln, unter 
sich und mit den Gesetzen des Denkens in Einklang zu bringen sucht, 
also das Verstehen und Wissen voranstellt, trafen aufeinander schon 
1140 auf der Synode zu Cens in dem Streite Bernhards von 
Clairvaux mit Abelard von Paris. Wiederum entwickelten sich, 
als von Cordova aus durch spanische Araber (Aver r ho es) und 
Juden (Maimonides) das Studium der altgriechischen, zumal aristo¬ 
telischen, Philosophie und Mathematik erweckt und auf die hohen 
Schulen von Paris und Oxford verpflanzt war, innerhalb der scho¬ 
lastischen Philosophie 2 Gegensätze: a) der Realismus, (universalia, 
ante res, Platons Ideenlehre, Thomas Aquinas D. angelicus Do¬ 
minikaner, stirbt 1274); b) der Nominalismus (universalia post 
res, Duns Scotus D. subtilis, stirbt 1308). Natürlich galt der zu¬ 
erst Naturwissenschaften treibende Bischof Albertus Magnus von 
Regensburg fast für einen Zauberer; denn die in der Universität 
(studium generale neben den theologischen, medicinisclien und juristi- • 
sehen neuenl stehende Artistenfacultät umfasste als Unterrichtsgegen¬ 
stände ausser dem sog. trivium: lingua (Grammatik), tropus (Rhetorik), 
ratio (Dialektik) noch das quadrivium: numerus (Arithmetik), tenor 
(Gesang), angulus (Mathematik), astra (Astronomie). Sie ertheilte 
auch die Grade: magister artium liberalium, licentiatus, baccalaureus. 
Die Kirche, d. h. die äussere sichtbare, „der Leib Christi“, ob¬ 
wohl allmählich zu einer kunstvoll gegliederten, fest gefügten Hier¬ 
archie versteinert, war dennoch stark genug gewesen, nicht nur die 
Gegner ihrer Verweltlichung (Arnold von Brescia, Waldenser u.a.) 
niederzuschlagen, sondern auch aus dem Kampfe mit dem deutschen 
Priesterthum siegreich hervorzugehen. Auch die Gefangennahme des 
Papstes Bonifacius VIII., 1303 durch Philipp den Schönen, und 
selbst die 1309 erfolgte Verlegung der päpstlichen Residenz nach 
Avignon wurde eine äusserliche Gefahr für das Papstthum erst, als
	        
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