§. 20, 6. Heinrichs IV. Ende. Heinrich V. 125
römischen Stuhle vermacht und gab es nicht einmal zu, daß ihr Ge¬
mahl dieselben bei ihren Lebzeiten verwaltete. Darum trennte sich
Wels von ihr und wurde von nun an des Kaisers bester Freund und
Bundesgenosse.
Die päpstliche Partei wandte sich hierauf an den jungen König
Heinrich und wiegelte ihn gegen ben Vater auf. Der meineidige
Sohn erhob sich und schrieb einen Reichstag nach Mainz, aus. Der
Vater aber fand Hilfe bei den rheinischen Städten. Als der Sohn
vernahm, daß sein Vater mit einem Heere nahe, eilte er ihm mit
erheuchelter Unterwürfigkeit bis Koblenz entgegen, söhnte sich schein¬
bar mit ihm aus und lud ihn ein, mit ihm nach Mainz zu gehen,
wo die versammelten Fürsten den Streit entscheiden und eine Aus¬
söhnung mit dem Papste herbeiführen sollten. Heinrich folgte arglos.
In Bingen aber mußte er vernehmen, daß der Erzbischof von Mainz den
mit dem Bannfluch beladenen Kaiser nicht in die Stadt aufnehmen
wolle, deshalb ritten beide nach der Burg Böckelheim bei Kreuznach.
Kaum war jedoch Heinrich IV. innerhalb des Thores, so fiel das
Fallgatter und trennte ihn von seinen Begleitern. Der alte Kaiser
wurde nun dem Bischof von Speier übergeben, und dieser hielt
ihn in strenger Gefangenschaft, obwohl er nur Gutes von Heinrich em¬
pfangen hatte. Nach kurzer Zeit holte Heinrich den tiefgebeugten
Vater nach Ingelheim; dort erschienen die Erzbischöfe von Mainz
und Köln mit zahlreichem Gefolge vor dem Kaiser und nötigten ihn zur
Niederlegung seiner Würde und zur Herausgabe der Reichskleinodien,
worauf sie den meineidigen Sohn damit bekleideten. Mit der Welt
und sich zerfallen (fein treues Weib war schon 1087 gestorben) weilte
der unglückliche König in seinem -unsäglichen Schmerze noch einige
Zeit gefangen in Ingelheim; da gelang es ihm nach Lüttich zu
entfliehen. Der Herzog von Lothringen erbarmte sich des unglück¬
lichen Kaisers, und als der junge Heinrich nach Lüttich kam, schlug
er denselben zurück; auch die Stadt Köln verschloß dem entarteten
Sohn die Thore. Während der Fortsetzung des Krieges erlag der
alte Kaiser der Last seines Kummers und starb 1106 zu Lüttich im
56. Lebensjahre. Aber selbst im Grabe fand er noch keine Ruhe.
Der Bischof von Lüttich hatte die Leiche in einer Kirche feierlich be¬
statten lassen; da jedoch der Bann noch auf dem Kaiser lastete, so
mußte sie auf Befehl des Papstes wieder ausgegraben und auf eine
einsame Insel der Maas gebracht werden. Von da ließ der König
den Leichnam seines Vaters nach Speier bringen, wo er von den
Bürgern feierlich in der Marienkirche beigesetzt wurde. Allein der