Full text: Landeskunde der preußischen Rheinprovinz (Erg.)

14 
Landeskunde der preußischen Rheinprovinz. 
Die Kelten haben vermutlich die großen Ringwälle angelegt (f. S. 21), während die 
„Hünengräber" (§. B- bei Duisburg und am Errensberge vgl. S. 6 ' vielleicht germanischen 
Ursprungs sind. 
Die Römer unterwarfen die Kelten staatlich und sprachlich (Trier als Hauptstadt! : 
aber die Versuche, über deu Rheiu in germanisches Land einzudringen und auch dort 
festen Fuß zu fasse« (Cäsar, 55 u. 53 v. Chr., Drusus, Tiberius, Narus, Germanicns, 
scheiterten auf die Dauer nicht bloß am deutschen Widerstande, sondern auch an der Iii, 
zugänglichkeit des waldigen Schiefergebirges. Schon damals aber drängten germanische 
Völker uach W.: die Ubier siedelten sich unter Augustus auf dem linken Rheinufer au 
und sahen später (50 n. Chr.) ihre Stadt zur Colonia Agrippinensis (Köln werden ^ 
und auch die Sigambrer blieben nicht auf das rechte Ufer beschränkt. Die schon 
10 V. Chr. und später am Rheine angelegten römischen Standlag er und Festung en 
«Bingen, Boppard, Koblenz, Andernach, Sinzig, Remagen, Bonn, Köln [Altebitrg: 
Station der »Classis germanica«!, Worringen |Buruncum], Neuß iCastra nova ober 
Novaesiuml, Gellep [Gelduba , Asberg [Asciburgiumi, Tanten [Castra vetera]2 u. n.,, 
von denen aus sich der römische Heeresdienst, Handel und Laudbail Weinbau unter 
Kaiser Probus um 280 n. Chr.) unter den Westgermanen verbreitete, vermochten aber beim 
Verfall des Römerreiches dem erneuten Vordringen der Deutschen nicht mehr Einhalt zu tun. 
Als die Germanen selbst zum Angriff übergingen, erhielten auch das 
linksrheinische Schiefergebirge und das Pfälzer Bergland unter Vernichtung 
der römisch gewordenen Bewohner eine neue, rein deutsche Bevölkerung und 
haben diese seitdem behalten, so daß die Bewohner der jetzigen Rhein- 
Provinz insgesamt deutschen Stammes sind — mit Ausnahme der 
Zugewanderten und der 10 000 Wallonen (Nachkommen der romani- 
sierten Velgen), deren Verbreitung von Belgien her in unsere Provinz hineinreicht. 
Zur Zeit jenes erfolgreichen Vordringens gegen das Römerreich (3. Jahrhundert 
waren die früher auf beiden Rheinseiten ansässigen kleineren Stämme zu dem Völkerbunde 
der Franken verschmolzen, der sich immer weiter links vom Rheine ausbreitete, während 
der große Stamm der Sachsen seine Sitze bis fast ans rechte Rheinufer vorschob. Wie 
überhaupt in der Mitteldeutschen Gebirgsschwelle, so hat sich auch im Schiefergebirge die 
Grenze zwischen beiden Stämmen (zum Teil mit der N.O.-Grenze der Rheinprovinz zn- 
sammenfallend) ziemlich nnverrückt bis in unsere Tage erhalten. Das zeigt die Verbreitung 
der Plattdeutscheu (sächsischen) Mundart ■— und die des sächsischen Bauernhauses gegenüber 
den fränkischen Gehöften, soweit die industrielle Neuzeit auf unserem Gebiete derartige 
Eigentümlichkeiten uoch nicht verwischt hat. Auch an alten Ortsnamen läßt sich auf der 
rechten Rheiuseite oft die ehemalige Grenze erkennen, indem Orten mit der fränkischen 
.Endung „heim" solche mit der sächsischen „Hansen" gegenüberstehen (z.B. Mülheim 
an der Ruhr und ganz in der Nähe Holthausen). 
Als der Frankenkönig Chlodovech (496) die Alemannen zur Unterwerfung zwang 
(ob bei Zülpich, ist fraglich und der römisch-katholischen Kirche beitrat, durfte 
diese deu einzig dauerhaften Staat der Völkerwanderung als feste Stütze gegenüber den 
anderen Richtungen des Christentums betrachten. Wenn schon iu der römischen Kaiserzeit 
die christliche Lehre in den Rheinlanden Eingang gefunden hatte (z. B. Maternus, Kaiser 
Konstantin und seine Mntter Helena), so war jetzt dem römischen Bekenntnis der Weg 
gebahnt (Castor, Goar n. ct.), die Glanbensboten der nächsten Jahrhunderte Willibrord 
im Rheindelta, Suitbert im Bergischen, Ludger an der unteren Ruhr nnd vor allen 
Bonifatins) stießen im fränkischen Rheingebiete weniger ailf Widerstand als ander- 
wärts, und Klöster und Bischofssitze faudeu daraufhin gerade hier günstigsten Boden. 
Sehr viel hat das Rheinland Karl dem Großen 768—814) zu verdanken; war 
doch die Pfalz zu Aachen sein Lieblingsaufenthalt, der auch seine Todesstätte wurde; 
hat er doch durch seine Kapelle (vgl. Abbild. S. 51) den Gruud zum Aachener Dome 
gelegt, Bistümer und Klöster mit Volksschulen gegründet, Pfalzen (Königsburgen):i 
1 Hier wurde nämlich Agrippina geboren, die spätere Mutter Neros. — Die alte 
Römermauer ist noch zn verfolgen, vgl. Progr. d. Ober-Realschule zu Köln, 1883. 
2 Noch heute ist die „Römerstraße" Köln-Nenß-Tanten wiederzuerkennen. 
^ Eiue solche war schon vor Karl dem Großen das jetzige Duisburg sspr. Düs- 
lntrg], dessen Name so oft ganz falsch gedeutet wird. Im dritten Jahrhundert it. Chr. 
schon findet sich der Name Deuso für die Siedeluug in der Ecke zwischen Rhein und 
Ruhr; aus dem Merowinger-Sitz „Densobnrg" wurde „Dinsbnrg" wie auf den Münzen 
des 11. Jahrhunderts zn lesen ist), erst später verdreht in „Dmsbnrg". Vgl. H, Aver¬ 
dunk, Führer durch die Duisburger Altertumssammlung (1902 .
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.