Full text: Kleines Lehrbuch (Ausg. B)

§ 18. 19. 
Erdinneres. — Magnetismus. 
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gasförmig, glutflüssig oder fest ist, wird auch wohl immer ein ungelöstes 
Rätsel bleiben; bis jetzt lassen sich für jede dieser drei Annahmen Gründe anführen. 
Die Erwärmung durch die Sonnenstrahlen (Insolation) dringt so wenig tief 
in den Erdboden ein, daß die tägliche Schwankung der Wärme schon in einer 
Tiefe von 1 m nicht mehr fühlbar ist. Die jährliche Schwankung ist da am 
tiefsten spürbar, wo auf der Erdoberfläche die größten Temperaturunterschiede zu finden 
sind, also in höheren Breiten, und ist in unseren Breiten etwa bei 15 in zu erwarten, 
während in den Tropen die unempfindliche Wärmeschicht 6 m tief liegt. Von dieser 
Schicht gleichbleibender Temperatur an abwärts nimmt in den dnrch senkrechte Bohr- 
löcher und Schachte, sowie durch Tunnel erreichten Tiefen die Wärme beständig zu. 
Dafür sind allerdings an den verschiedenen Stellen recht abweichende We^te gewonnen, 
und die geothermifche Tiefenstufe, d. h. das Tiefenmaß, in dem die Erdwärme 
um je 1" C zunimmt, liegt im Nittel zwischen 25 und 35 in. Immerhin ist es 
in hohem Grade wahrscheinlich, daß die Erdwärme nach dem Erdmittelpunkte zu be- 
ständig wächst. 
Neuerdings neigt man sich vielfach der Annahme zu, daß das Erdinnere aus 
Gasen in überhitztem Zustande besteht; denn von einer großen Anzahl von 
Körpern ist nachgewiesen, daß sie bei einer Erhitzung über einen gewissen Wärme- 
grad hinaus nur als Gas bestehen können, so sehr auch dies Verhältnis durch den 
ungeheuren Druck der Gesteinshülle beeinflußt werden mag. Gegen die Starrheit 
des Erdkerns sprechen die S chw an knn gen der Erdachse um 15—20 m, die eine 
Art Gezeitenbewegung (f. S. 41 f.) der Erdmasse darstellen und zeitweilige Ände- 
rnngen der geographischen Breite zur Folge haben. Sie werden seit 1891 immer 
schärfer beobachtet und scheinen im Mittel in einem Abschnitte von je 385 Tagen 
zu erfolgeu, während diese Schwankungsperiode bei einem flüssigen Erdinnern 306 
Tage und bei einem festen, silberähnlichen Erkern eine noch erheblich andere Dauer 
umfassen müßte. 
Gleichviel wie das Erdinnere beschaffen ist, so liegen Anzeichen vor, daß auf 
die innerste Masse als Übergang zn der festen Erdkruste mindestens noch ein 
Gürtel anderer Art folgen muß, und zwar ziemlich sicher ein solcher von glnt- 
flüssiger oder schmiegsamer Beschaffenheit, dem man den Namen Magma (grie¬ 
chisch = Teig) gegeben hat. 
Das Magma liegt in seiner großen Masse so tief, daß es an den vulkanischen 
Ausbrüchen der geologischen Gegenwart nur durch seine Ausläufer Anteil hat, 
denn die Ausbruchsherde liegen in geringer Entfernung von der Erdoberfläche 
(S.29).^ Nur durch jene hat es teil an der Entstehung der Erdbeben, denn nach 
den meisten Berechnungen liegen ihre Herde nicht tiefer als 50 km. Sie sind 
überwiegend tektonischer Art, d. h. in Veränderung des Baues der festen Erd- 
krnste, Verschiebung ihrer Schichten begründet und können nicht meinem schmieg- 
samen Gürtel der Erdmasse entstehen. Andere Arten von Beben sind die v n l- 
kanischen und die Einsturzbeben, die durch Einsturz von Hohlräumen er- 
regt werden. 
Die Beben, diese für die Lebewesen der Erde verderblichste Erscheinung, sind 
dermaßen häufig, daß um das Jahr 1900 mit den leistungsfähiger gewordenen 
Bebenmessern (Seismometern) 3830 Beben im Jahresdurchschnitt, d. h. 10,s auf 
einen Tag, beobachtet werden konnten. Ihre Stätte sind vor allem jüngere 
Faltuugsgebiete, die noch nicht zum Gleichgewicht der Schichten, nicht zur Ruhe 
gekommen sind, so die Anden bis San Francisco und Valparaiso (1906) und 
Kalabrien-Sizilien (1908); in jüngeren Flachländern fehlen die Beben. 
§19. Eine noch rätselhaftere Kraft der Erde ist ihr Magnetismus. Die Erde 
ist ein großer Magnet, durchzogen von einem s.N. gerichteten Strome, dessen Pole 
aber von den mathematischen erheblich abweichen. Der magnetische Nordpol ist 
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