Full text: H. A. Daniels Lehrbuch der Geographie für höhere Unterrichtsanstalten

§ 86. Das Königreich Italien. 
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graben eines Ackers; bis jetzt etwa znr Hälfte aufgedeckt, gibt es ein deut¬ 
liches Bild einer altrömischen Stadt bis auf das kleinste herab. „Nichts ist 
verloren, getreu hat es die Erde bewahrt." So bietet denn auch die Ostküste dem 
Reisenden überaus viel Merkwürdiges. Den Vesuv besteigt man gewöhn¬ 
lich von Neapel oder Resina aus; cm dem letzten steilen Anstieg führt eine 
Drahtseilbahn bis unter den Gipfel. Dann geht es auf mäßig steilen 
Schlangenpfaden bis zum Krater. Ist der Vulkan in dem Zustande voll¬ 
kommener Ruhe, so kann man sogar eine Strecke in den Krater hinein¬ 
steigen. An dem Anstieg des Berges wuchs früher der tiielgefeierte Lacrimä 
Christi. Die Lavaströme indes haben alle Weinberge zerstört bis auf 
wenige, die im Besitze der Jesuiten sind. — Auf der Südostküste des Golfs 
liegt Sorrento, Tassos Geburtsort; vor seiner südlichen Pforte die 
reizende Felseninsel Capri, einst von Tiberius zum Versteck seiner Greuel 
gesucht, jetzt von Reisenden häufig besucht und bewundert (die blaue Grotte). 
Die ganze Gegend vereinigt die Reize des Himmels mit den Schrecken 
einer unterirdischen Welt. Der Mittelpunkt Neapel (ital. Napoli), 
die volkreichste (564 000 E.) und lebensvollste Stadt der Halbinsel, auch 
Universität, durch mehrere Kastelle am Hafen und eins auf einer benach¬ 
barten Höhe geschützt zieht sich vom reizenden Seestrande die benachbarten 
Anhöhen hinauf ohne Mauern und Tore. Die Straßen sind eng und mit 
Lava gepflastert, beständig von dem Getümmel des lärmenden Volkes erfüllt, 
das mehr v o r als in den Häusern lebt. Unter den Kirchen enthält der Dom 
das Wunderblut des heiligen Januarius (ital. Gennaro [dschennaro]), 
des Patrons der Stadt; aber nicht in Kunstwerken und Kunstschätzen liegt 
das Blendende von Neapel, sondern in seiner Lage und seinem ewig regen 
Volksleben. Der genügsame Südländer hat es in dieser bereits an echten 
Südfrüchten reichen Natur leicht, sein Leben zu fristen; gewandt in jeder 
Hantierung, besonders aber für den Kleinhandel geschickt, verdient sich der 
Neapolitaner gar bald seine Makkaroni [mafkerorti] (die einfache 
Nationalkost des Süditalieners), und seitdem man nicht mehr die Faulheit 
mit Almosen belohnt, ist auch die einst so große Masse obdachloser Tagebiebe 
(Lazzaroni l'Iadfaroni]) so ziemlich verschwunden. 
Irrt NW. des neapolitanischen Golses folgt ein weniger tief ins Land 
einschneidender Golf, der von G a e t a. Die Festung Gaeta , nach welcher 
er den Namen führt, liegt an seinem nw. Ende auf steilem, mit dem Lande 
nur durch eine schmale Enge verbundenen Felsenvorsprung und ist durch 
ihre heldenmütige Verteidigung zu wiederholten Malen, so noch 1860 und 
1861 als letzte Zuflucht König Franz II. von Neapel, berühmt geworden. 
— Im SQ. dagegen folgt, wieder tief einschneidend, der Golf von S a I e r n o. 
An ihm Amolfi, im frühen Mittelalter eine blühende Seestadt, dann 
Salerno selbst, wo zur selben Zeit eine berühmte Hochschule der Medizin 
war. Weiter südwärts an der Küste desselben Golfes Ruinen des alten 
Pästum, durch seine Tempel und Rosen berühmt. — Im Innern: nahe 
dem Garigliano unweit der früheren Grenze gegen den Kirchenstaat A r p t n o, 
wo Marius und Cicero geboren; auf einem steilen Berge so. davon das 
Benediktinerkloster Monte Cassino, das älteste im westlichen Europa; 
die Festung Cäpua am Volturuo (das alte Capua lag etwas öst¬ 
licher); die Stadt Ben event. 
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