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Alle aber warteten auf ein Zeichen vom Himmel, die
Ketten zu zerbrechen.
„Major von Schill" mochte nicht warten. Er rückte
eines Morgens mit seinem Regiment aus Berlin, über¬
fiel hie und da einzelne Franzosenhaufen und metzelte sie
nieder.
Er meinte wohl, das Volk solle nun in hellen Haufen
sich erheben und die Fremdherrschaft abschütteln. Das Volk
aber war noch nicht reif dazu.
Napoleon ließ den Major von Schill durch große Heer¬
haufen verfolgen, einschließen und vernichten. In den Straßen
Stralsunds fiel der Held, den Säbel in der Faust.
Dreizehn seiner Offiziere wurden gefangen genommen
und zu Wesel erschossen. —
Einer dieser Helden, „von Wedell", ein blutjunger Lieu¬
tenant, blieb unversehrt, als seine zwölf Kameraden, von
französischen Kugeln getroffen, in den Sand fielen.
Man bot ihm Pardon. Er verlachte seine Henker, warf
seine Mütze in die Luft und rief trotzig: „Ich bin ein
Preuße!"
Eine neue Salve streckte ihn zu Boden.
Preußens Erhebung.
(Moskau. — 1812.)
Als Napoleon sich nahezu ganz Europa unterworfen
hatte, machte er ernstlich Anstalt, auch Rußland den Fuß
auf den Nacken zu setzen.
Bis Moskau waren seine Heere bereits siegreich vor¬
gedrungen. Es waren aber unheimliche Siege, denn wo er
hinkam, waren Städte und Dörfer öd' und verlassen. Die
russischen Bewohner zogen sich mit den Kosaken fechtend in
das Innere des unendlichen Landes zurück und zerstörten
zuvor Obdach und Lebensmittel für den Feind.