Full text: Handbuch der Geographie ([Ausg. C])

Klima. 
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— An der Urft, einem Nebenflüsse der Rur, der Urftsee, mit 2,16 qkm einer der größten Stauseen 
Europas, der seine nutzbar gemachte Kraft auf 100 km versendet. 
Die dritte Genossin in diesem Gewirr von Strömen und Inseln ist die Schelde (Escaut), 
die, kurz, aber wasserreich, durch das Flandrische Tiefland (bei Antwerpen) geht und als Wester¬ 
schelde zwischen den Inseln des holländischen Seelandes mündet. Die Ost er sch elde ist durch 
den Damm der Bahn nach Vlissingen abgesperrt. 
Der Rhein der Burgen, der Reben und der Lieder hat seinen lockenden Klang nicht verloren, obwohl 
er eine rauchumhüllte, gewaltige Verkehrsstraße geworden ist, die uns die Wege nach der See, nach der 
Schweiz und Italien zeigt, während sein größter Nebenfluß links nach dem Westen führt. Er besitzt eine 
fahrbare Wasserstraße von 905 km, die Mosel 344, freilich recht unzulängliche, der Main 330 mit Ketten¬ 
schiffahrt bis Würzburg, das ganze Stromgebiet 2500 km. Bis Basel stromaufwärts ist auf dem Haupt¬ 
flusse Schleppschiffahrt möglich, bis Straßburg gelangen regelmäßig Schiffe zu 700 t, bis Ludwigshafen- 
Mannheim Flußschiffe bis zu 1500 t, bis Cöln Torpedoboote und kleinere Seedampser. Der größte Last¬ 
kahn auf dem deutschen Unterrhein faßt 3300 t = 330 Eisenbahnwagen zu je 10 000 kg. Dieser Stromteil 
soll eine Tiefe von 5 m besitzen, indessen ist sie noch nicht ganz erreicht worden. Um den Nachteil aufzuheben, 
daß die Gütermenge aus dem Reiche wegen der Umbiegung des Stromes auf fremdes Gebiet in fremde 
Umschlagshäfen — Rotterdam, Antwerpen — gebracht werden muß, wird der Plan erwogen, dem Rhein 
eine deutsche Mündung zu geben, da der Dortmund—Emshäfen-Kanal (s. S. 148) diesem Ziele 
nicht genügen kann. Der eine Entwurf sieht einen 5| m tiefen Kanal von Wesel durch das Burtanger 
Moor nach der Ems und durch diese nach Emden als Umschlagshasen mit 235 Mill. M Kosten vor. Ein 
anderer will einen Seekanal (!) von Cöln nach dem Dollart legen, wird aber an den ungeheuren Kosten 
scheitern. Bei Emmerich, nahe der Reichsgrenze, führt der Rhein im Durchschnitt 2330 Kubikmeter 
Wasser in der Sekunde, die Elbe an der Flutgrenze oberhalb Hamburg nur 712. 
De,n Verkehr dienen am deutschen Laufteile 50 Häfen, dem Großverkehr 9, nämlich Straßburg-Kehl, 
Karlsruhe, Mannheim-Ludwigshafen, Mainz-Kastel, Frankfurt, obwohl es nicht am Rhein selbst liegt, 
Cöln, Mülheim a. Rh., Düsseldorf und Duisburg-Ruhrort. Der letzte ist mit 21,s Mill. t beförderter 
Güter (1911) bei weitem der größte unter allen Flußhäfen des Reiches. Bei Emmerich wechselten 
31,i Mill. t. Über den Strom sind unterhalb Konstanz 34 feste Brücken geschlagen, davon 22 im Reiche, und 
von Basel bis zur Ruhrmündung sind beide Ufer von ununterbrochenen Eisenbahnlinien begleitet. Das 
Entstehen von vielen Schwesterstädten verkörpert die engen Beziehungen beider Ufer. 
Klima Deutschlands ohne Alpen und österreichischen Anteil. Daß bei uns zulande das Wetter oft 
als Unterhaltungsstoff herhalten muß, braucht nicht so arg getadelt zu werden, auch die Klagen über das 
„schlechte Wetter" brauchen es nicht, falls darunter nicht etwa bloß die Niederschläge verstanden werden. 
Aber ihr Eintritt ist recht oft von Temperaturschwankungen begleitet, die Ackerbau, Viehzucht, Jagd, 
Fischerei, Verkehr und schließlich die Gesundheit recht nahe angehen. Wir müssen uns eben damit abfinden, 
daß wir unter einem Übergangsklima wohnen, das vom Seeklima N.W.-Europas nach dem Binnen¬ 
landsklima des Ostens führt, und haben mit den Einflüssen von beiden Seiten zu rechnen. So liegen doch 
trotz der „gemäßigten Zone" scharfe Gegensätze oft recht dicht beieinander, wie der fast regenlose Sommer 
1911 und die endlosen Regengüsse von 1912. Bei einer mittleren Jahrestemperatur von 7,9° 0, einem 
Januar von —2,2°, Juli +17,21° entspricht das Klima im ganzen dennoch „einem europäischen Mittel¬ 
klima, das ebensosehr vor nordischer Armut, die den Geist abstumpft, wie vor südlicher Fülle, welche die 
Tatkraft lähmt und die Sinnlichkeit überreizt, zu schützen geeignet ist". Die günstigsten Verhältnisse finden 
sich im Rheintale von Speyer bis Cöln, im Neckartale bis Stuttgart, am Main bis Würzburg aufwärts 
und im Flandrischen Hügellande um Brüssel; Karlsruhe hat im Jahre 9,7, Januar —0,5, Juli +19°. Im 
Gegensätze hierzu steht, Gebirge und einzelne Höhen ausgenommen, der Nordosten des Reiches, da hier der 
Einfluß des Binnenlandsklimas der großen Osteuropäischen Tiefebene die Temperatur im Winter notwendig 
herabdrückt; aber auch im äußersten N.O., in Ostpreußen, gedeihen, wo guter Boden ist, die Feldfrüchte 
noch vollkommen. Im allgemeinen nimmt die mittlere Jahrestemperatur im Gegensätze zur Sommer¬ 
wärme von W. nach O. hin ab. Königsberg i. Pr. hat im Jahre 6,7, Januar — 2,9, Juli 17,3, hingegen 
Groningen fchröninchenj 8,4, 0,8, 16,5°. Die Abnahme wird zumeist durch die sinkenden Wintertem¬ 
peraturen bewirkt. Die Nordseeküste ist um bis 1J° wärmer als der Osten, und für sie gilt: Winter mild, 
Frühjahr kalt, Sommer kühl, Herbst warm; hingegen für die Ostsee: Winter kalt, Frühling kurz und rauh, 
Sommer heiß, Herbst schön, aber kurz.
	        
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