Oberflächenformen des Landes.
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Die Entstehung der Schollen, Horst- und Faltengebirge wurde oben schon erwähnt
(S. 677). Für die beiden ersten Gebirgsarten ist charakteristisch die mehr oder weniger plateau¬
artige Oberfläche mit flachgewölbten Kuppen und einförmigen Rücken.
Die Faltengebirge sind der Form nach in der Regel Kettengebirge mit langen Falten
und Längstälem.
b) Erosionsgebirge. Sie werden durch die Tätigkeit des Wassers aus dem Flachlande
heraus modelliert. Zunächst entstehen nur Hügelländer, die mit fortschreitender Erosion zu
Bergländern ausgestaltet werden. Die einzelnen, ziemlich in gleicher Höhe liegenden Berg¬
kuppen deuten das ursprüngliche Niveau der zerschnittenen Fläche an (Elb-Sandsteingebirge,
Schwäbische Alb, Jnsel-Berglandschaften Südafrikas), (s. S. 692.)
c) Vulkanische Gebirge. Am häufigsten findet sich die Einzelform, der kegel- oder kuppen¬
förmige Vulkanberg. Von Vulkangebirgen sprechen wir nur da, wo die Einzelerhebungen
in großer Anzahl und in enger Geschlossenheit auftreten. Die Vulkangebirge zeigen domförmige
Kuppen und Kegel oder tragen breite, deckenartige Hochflächen (Auvergne, Siebengebirge, Rhön).
Hohlformen des Festlandes. 1. Senken, Mnlden, Becken. Den Bodenerhebungen (Voll¬
formen) stehen die Hohlformen gegenüber, Landstriche, die sich zwischen den Erhebungen aus¬
breiten. Als Hohlform dürfen zunächst Flachböden mit höherer Umgebung betrachtet werden.
Man bezeichnet sie ganz allgemein als Senken. Bei beträchtlicher Ausdehnung heißen sie Land¬
senken, bei längerer Form Mulden. Haben sie steile, parallele Ränder bei geringer Breite,
so nennt man sie Grabensenken, bei mehr rundlicher Begrenzung Becken. Beispiele dieser
Hohlformen sind die Oberrheinische Tiefebene, die afrikanischen Grabensenkungen, das Ries, die
Ungarische Tiefebene.
2. Ties- und Flachtäler. Zu den kleinen Hohlformen des Geländes rechnen wir in erster
Linie die Täler, langgestreckte, schmale, wenigstens nach einer Seite hin offene Furchen mit
mehr oder weniger symmetrischen Böschungen und einseitig geneigter Sohle. Je nach dem
Größenverhältnis zwischen Talboden und Talgehänge unterscheiden wir Tieftäler und Flach¬
täler. Bei den Tieftälern entfällt der größere Teil der gesamten Talflüche aus die Gehänge.
Bei den Flachtälern überwiegt die Talsohlenfläche oft so stark, daß die Talgehänge und die Tal¬
sohle sich kaum voneinander abheben. Tieftäler sind die meisten Gebirgstäler.
3. Längs-, Quer-, Durchbruchstäler. Die Gebirgstäler verlaufen teils in der Richtung des
Gebirges als Längstäler, teils durchschneiden sie diese Richtung unter einem rechten oder unter
einem mehr oder weniger spitzen Winkel als Quertäler. Zusammengesetzte Talzüge be¬
stehen aus Strecken von Längs- und Quertälern. Eine besondere Art von Quertälern bilden die
Durchbruchstäler, die ganze Gebirge und einzelne Gebirgsketten quer durchsetzen, wie das
Elbtal im Elb-Sandsteingebirge, das Rheintal unterhalb Bingen, das Altmühltal im Jura, der
Ebro-Durchbruch im Katatonischen Küstengebirge, das Eiserne Tor, die Quertäler des Indus und
des Brahmaputra.
Die Entstehung der Täler ist entweder aus tektonische Vorgänge, Faltung und Bruch, oder auf
die Erosion des strömenden Wassers oder Eises zurückzuführen (s. S. 692ff.). Nicht selten haben zumal
Längstäler ihre erste Anlage tektonischen Kräften, ihre weitere Ausgestaltung aber der Erosion zu ver¬
danken. Dagegen ist die Bildung der Quertäler fast ausnahmslos diesem letzteren Vorgang zuzuschreiben.
Für die Entstehung der Durchbruchstäler sind nmncherlei Deutungen gegeben worden, die meisten unter
ihnen dürften auf rückwärtsschreitende Erosion und auf Einsenkung antezedenter Täler zurück¬
zuführen sein (s. S. 693 u. 698).
Mittlere Erhebung des festen Landes. Denkt man sich alle Erhebungen und Hohlformen
eines Kontinentes zur Ebene ausgeglichen, so erhält man dessen durchschnittliche oder mitt¬
lere Höhe über dem Meeresspiegel. Diese ist für die einzelnen Erdteile, wie die umstehende
Tabelle erweist, sehr verschieden, weitaus am größten für den antarktischen Kontinent, dessen
großer Erhebungswert allerdings zumeist erst auf indirektem Wege wahrscheinlich gemacht ift1,
1 Vgl. W. Meinardus, in Petermanns Mitteilungen 1909, S. 304ff.