16
Australien.
Ansiedler sich auch kein Tier vorfand, das wie unsere Haustiere dem Menschen
dienstbar gemacht werden konnte, so kam von den nicht unbedeutenden An-
lagen der Eingeborenen, der meist hell schokoladefarbigen Australneger, nur
die des Jagens zu hoher Ausbildung.
Bon den Kolonisten in die Wüsten und öden Steppengegenden zurückgedrängt,
führen sie noch heute ein Wanderleben. In Horden von 20 bis 30 durchschweifen sie
öde Flächen; Höhlen und Strauchnester, auch Windschirme aus Flechtwerk gewähren
ihnen Schutz gegen Sonne und tropische Regen. In manchen Gegenden bauen sie
sich einfache Hütten aus Rindenstücken. Große Gewandtheit im Klettern und außer¬
ordentliche Schärfe der Sinne ist ihnen eigen. Speere, Beile und Keulen dienen
ihnen als Waffen, und mit erstaunlicher Sicherheit werfen sie den Bumerang. Ihre
Nahrung besteht in Wurzeln, Beeren, Würmern, Schnecken, Eidechsen, Muscheln und
Fischen; auch machen sie Jagd auf das Riesenkänguruh, das mit andern Beutel-
tieren sowie dem einzigen Raubtier des Erdteils, dem wolfsähnlichen Dingo,'dem
seltsamen Schnabeltier, dem schwarzen Schwan und dem weißen Adler, dem
Strauß (Emu) und dem mit haarähnlichen Federn bekleideten Kasuar die ganz
eigentümliche einheimische Tierwelt Australiens ausmacht^.
Die Zahl der Australneger nimmt immer mehr ab, da sie das herumschweifende,
untätige Leben nicht aufgeben wollen, und da sie bei der Berührung mit Weißen und
Chinesen gewöhnlich nur deren Laster annehmen. Wie groß schätzt man gegenwärtig
die Zahl der Eingeborenen?
Westlich von den wüsten Jagdgründen der Australneger breiten sich in der
Südwestecke des Kontinents reiche Goldfelder aus, die Westaustralien zum
goldreichsten Gebiete des ganzen Festlandes machen. Auf ihnen entstand in
furchtbarer, wasserloser Einöde Coolgardie ^külgardi^. Eine Eisenbahn ver-
bindet es mit dem Hauptorte Westaustraliens, Perth [pörjj], am Schwauensluß.
Die niederschlagsreiche Küste in seiner Nähe trägt große Waldungen, und die
Anlegung Artesischer Brunnen (Bild 1) läßt an der Südwestecke immer weitere
Flächen für lohnenden Acker- und Gartenbau gewinnen. Trotzdem wohnen in
der ganzen Westhälfte Australiens, auf einem Gebiete, das fünfmal fo groß
ist wie das Deutsche Reich, noch nicht 1/2 Mill. Menschen.
e) Volkswirtschaftliches und Staatenbildung. Das Innere des Festlandes,
soweit es sich überhaupt zur Ernährung von Herden eignet, verbleibt wegen der Boden-
beschasfenheit und der Ungunst des Klimas dem Viehzüchter. Die wirklichen
Kulturlandschaften beschränken sich auf die Küstenstriche. Diese aber haben
durch die Betriebsamkeit der Kolonisten und infolge des Kohlen- und Erzreichtums
einen ungeahnten Aufschwung genommen. Weizen, Wein und Fleisch erzeugt
das Festland weit über Bedarf, mit seiner Wolle^ versorgt es die Märkte Europas;
an Gold liefert es ein Viertel der Gesamtproduktion der Erde; auch Kupfer,
Silber, Blei werden in Menge gegraben, und die ausgedehnten Steinkohlenlager
ermöglichen das Aufblühen der im wesentlichen auf die Erzeugnisse des Landes
sich stützenden Industrie, deren Anfänge in fast allen Städten sich zeigen.
1 Das Fehlen höherer Ordnungen der Säugetiere, wie Affen, großer Raubtiere, Dick-
häuter und Wiederkäuer, weist darauf hin, daß Australien in sehr früher Zeit von den andern
Erdteilen getrennt wurde.
2 Australien liefert an Wolle fast die Hälfte des Gesamtbedarfs der Erde.