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das Wahrzeichen des Islam und des türkischen Reiches wurde. Die
Schätze der Bibliothek wurden vernichtet oder zerstreut, die Häuser ge-
plündert, die Kirchen entweiht und die Stadt zur türkischen Residenz ge-
macht. Entsetzen packte die Christenheit des Abendlandes. Durch das
„Mittagsläuten der Türkenglocken" sollte die Christenheit zu Gebet und
Wachsamkeit gegen die Türken gemahnt werden, denn der furchtbare Er-
oberer zog weiter. Bald lag Griechenland und der größte Teil der Balkan-
Halbinsel unter seinem Fußtritte. Nur vor Belgrad siegte noch einmal
das Christenheer unter Huuyad. Schon hatte Mohammed seinen Fuß
nach Unteritalien gesetzt, schon fürchtete Rom das Nahen des Schrecklichen,
da starb er. Dreißig Jahre war Mohammed II. der Ruhm des Islam
und der Schrecken der Christen gewesen.
Fragen: Die Bedeutung Konstantinopels! — Wie konnte es sich so lange
halten? — Woran ging es zugrunde? — Worin lag die Unwiderstehlichkeit
der Türken? — Wie bereiteten die Sprachstudien, welche die aus Konstantinopel
nach Italien geflüchteten griechischen Gelehrten im Abendlande anregten, eine
neue Zeit vor?
53. Die Erfindungen.
1. Der Kompaß (1300) hebt den Verkehr. Die Chinesen sollen 1300
schon in alter Zeit die freischwebende Magnetnadel gekannt und als Weg-
weiser für ihre Karawanenzüge durch die weite Wüste benutzt haben. In
Europa ist nach verbürgten Nachrichten der Kompaß erst im 12. Jahr¬
hundert für die Schiffahrt gebraucht worden Etwa um 1300 hat der
unteritalienische Schiffer Flavio Gioja den Kompaß mit feiner Scheibe
(Windrose) in einer Kapsel so verbunden, daß er, durch die Schwankungen
des Schiffes ungestört, als zuverlässiger Pfadweiser für die Fahrten in
das unermeßliche Weltmeer dienen konnte. Seit dieser Zeit beschränkte
sich die Schiffahrt nicht mehr auf Küsten- und Binnenfahrten, sondern sie
strebte in das Unbekannte hinaus; denn die Gefahr, sich in der Wasser-
wüste zn verlieren, war gemindert, und die treibenden Kräfte, als Aben-
teurerlust, Handelsgeist und Forscherdrang, wurden dadurch noch mehr
angeregt.
2. Das Schießpulver (1340) ändert die Kriegführung. Wegen
der allgemeinen Unsicherheit im Mittelalter waren die Städte durch
Mauern mit Türmen und Toren sowie durch Wassergräben und
Zugbrücken befestigt. Drohte eine Belagerung, so wurden Außen-
werke aus Pfählen, Baumstämmen, Erdwällen und Steinen errichtet, um
den andringenden Feind aufzuhalten, die Speicher mit Vorräten gefüllt
und alles in Verteidigungsstand gefetzt. Auf der Mauer stellte man
Schleudermaschinen auf, und hinter Brustwehren verteilten sich die Schien-
derer, Armbrust- und Bogenschützen. Riesige Armbrüste auf Holzböcken
mit 4—6 Meter langen Bogen hießen Ballisten. Ein Zeugmeister leitete
die Verteidigung. Weiber und Kinder schleppten Steine, Kugeln, Kalk,
heißes Wasser, Öl, Pech und Schwefel herbei, um die Belagerer damit zu
überschütten.
Diese schlugen vor der Stadt ein Zeltlager auf und richteten sich auf