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Die kontinentalen Gewässer. §. 3.
Wirkung der Sonne. Sie wechseln alle 25 Stunden (also in der Zeit von einem
Auf- oder Untergänge des Mondes bis zum andern) zwe'mal, erreichen ihre größte
Höhe (13 — 20 m) und Tiefe nicht im offenen Wellmeere, sondern in engen Buken
und zwar 11 /2 Tage nach dem Neu- und Vollmonde, und bieten zur Zeit der Nacht-
gleichen die größten Eontraste dar. besonders wenn zugleich der Mond sich in der
Erdnähe befindet. Man unterscheidet daher tägliche, monatliche und halbjährige
Perioden von Ebbe und Flut, die beiden letzteren zeichnen sich durch Spring-
fluten (16 m und höher) aus. In Binnenmeeren ist der Unterschied zwischen
Ebbe und Flut sehr gering.
ec. Strömungen des Meeres*), namentlich auf dessen Oberfläche, durch-
kreuzen dasselbe in bestimmter Breite und in verschiedenen Richtungen flu ß artig,
während nahe Wasser^chichten unbewegt gleichsam das User bilden. Sic sind sast
gleichzcitig von einer Menge verschiedenartiger Ursachen (Achsendrehnng der Erde,
Anziehung der Sonne und des Mondes, Ebbe und Flut, Winden, Unterschied der
Temperatur und des Lufldnicks) abhängig. Es gibt drei große Strömungen des
Weltmeeres: eine äquatoriale swarme), eine arktische uud cine antarktische
(beide kalt). Die A eq uat ori a lst rö m uu g entsteht durch die Umdrehung der Erde
um ihre Achse, geht von Ost nach West und theilt sich in drei Theile nach den
Becken des atlantischen, indischen und großen Oeeans (s. 8- 6 — 8). Die normale
Richtung der beiden P o l ar str ömu n g e n ist eine schräg gegen den Aeqnator
gewendete uud beruht aus der Ausgleichung zweier an Wärmegraden verschiedener
Oeeane. Die großen Meeresströmungen bilden nicht nur die natürlichen Fahrbahnen
für die Seefahrer, sondern sind auch von ,dem größten Einfluß lauf das Klima der
von ihnen berührten Küsten uud in Folge dessen auf die Enltur großer Länder-
räume, denen sie theils eine mildere Temperatur mittheilen, theils wohlthätige Ab-
kühlung verschaffen. Insbesondere verdanken dem Golfstrom (f. §. 6) nicht nur
Skandinavien und die britischen Inseln, sondern selbst Deutschland ihre Anbau-
fähigkeit. Und wie die Meeresströmungen Regulatoren des Klimas sind snament-
lich anf der nördlichen Hemisphäre), so vermitteln sie auch die Vnbreituug des pstanz-
lichen und damit zugleich des thierischen Lebens von einem Erdtheile zum andern
(Palmen von Amerika nach Ceylon?).
d. Die contincntaten Gewässer.
Das aus dem Meere und anderen Gewässern als Dunst in die
Atmosphäre ausgestiegene uud als Niederschlag wieder herabsalleude
Wasser tritt, insofern es vom Lande ausgenommen wird uud in den
Boden einbringt, mit aufgelösten Mineralstoffen vermischt, als Qnelle
wieder zu Tage, sammelt sich in Bächen, Flüssen uud Strömen
uud erreicht zum größten Theile wieder das Meer. Die sämmtlicheu
zu einem Flusse oder Strome vereinigten Gewässer bilden ein Fluß-
netz oder Stromsystem, die zu diesem beisteuernde Fläche ein Fluß-
oder Stromgebiet. Die Stromentwi ckelnug ist um so größer,
je mehr der Lauf des Stromes durch Krümmungen den directen Abstand
der Quelle vou der Mündung übertrifft. Die Grenzen verschiedener*
*) A. Petermann, Mitteilungen, 1871, S. 371 ff-