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A. Zur Allgemeinen Erdkunde.
eine führende Rolle zu übernehmen. Aber sie wurden überflügelt durch audere
Mächte, bei welchen, wie vorher in Spanien, königlicher Wille herrschte und, wie
in Rom, ein bedeutendes uud geordnetes Staatswesen den Unternehmungen zur
See als kraftvoller Rückhalt diente. Diese Momente traten jetzt, wo die Widerstände
des Wettbewerbes in der Seemacht sich fühlbar machten, neben der Seetüchtigkeit
in den Vordergrund. Letztere allein war nicht entscheidend.
Es ist nicht mehr zu ergründen, wann und wie die Schiffahrt an den Nordwest-
europäischen Küsten sich entwickelt hat. Sie hat zur Zeit des Pytheas (um 330
v.Chr.) bestanden und war damals bereits nach dem hohen Norden gerichtet. Ob sie
von Kelten ausgeübt wurde, oder sich schon damals an Küstensiedelnngen germanisch¬
skandinavischer Seefahrer knüpfte, entzieht sich der Kenntnis. In der gebuchteten
armorikanischen Halbinsel, in Irland uud Teilen von Großbritannien, in der cim-
brischen Inselwelt und an anderen Küsten war sie früh vorhanden. Aber an Wage-
mut, kühnen: Unternehmungsgeist und seemännischem Geschick standen allen die See-
sahrer der norwegischen Fjorde voran. Es muß unsere höchste Bewunderung erregen,
daß sie Jahrhunderte hindurch mit kompaßlosen Schiffen über das stürmische Meer
nach Grönland und bis in das Mittelmeer zu fahren wagten. Dennoch war ihnen
eine Herrschaft so wenig als den seemächtigen, im Handel überlegenen und klug kolo-
nisierenden Hanseaten bestimmt; denn beiden fehlte ein mächtiges Reich, an das sie
sich hätten anlehnen können, und der Herrscher, der mit Verständnis für die Bedeutung
der See-Jnteressen ihnen Schutz und Schirm hätte angedeihen lassen. Unter den-
jenigen, welche diese Vorteile besaßen, standen die Britischen Inseln weit voran.
Denn hier mußte sich in: Kampf mit einem allseitig sich ausbreitenden sturmbewegten,
aber durch seinen Fischreichtum aulockeudeu Meer die seemännische Tüchtigkeit ent-
wickeln, welche das erste Erfordernis zu maritimeu Erfolgen ist. Dazu umschlossen
die an natürlichen Häfen reichen Küsten ein großes und schönes, an vielen Stellen
durch Vermittlung schiffbarer Flüsse nach der See sich öffnendes Land mit anbau-
fähigem Boden und körperlich stählendem Klima, zu dessen Bevölkerung von Rom
aus die Keime höherer Kultur gebracht worden waren. Wenn irgendwo, so konnte
sich hier latente Kraft für die Eroberung der Seeherrschaft ansammeln.
Wir können uns diese frühen Zustände einer nachher groß angewachsenen See-
macht nicht vorführen, ohne sogleich eines ganz analogen Zustandes zu gedenken,
aus welchem wir in unseren Tagen ein Land uud Volk zu überraschend schneller Ent-
faltuug der Kraft gedeihen sahen. Gewaltiger noch als die Britischen Inseln umtoseu
Stürme die gleichfalls dem Kontinent nahegelegene und doch noch mehr von ihm
abgeschlossene Japanische Inselwelt. Wenn auch die Natur hier gleichzeitig uoch
mehr als dort getan hat, um im Gegeusatz zu großartiger Wildheit den Zauber der
Anmut uud Lieblichkeit in dem herrlichen Binnenmeer und den reizvollen Meeres-
buchten zu schaffen, so hat doch der Kampf gegen Taifune uud erschreckende Änße-
ruugeu unterirdischer Mächte die Phantasie und den Charakter der Bewohner in noch
höherem Maße beeinflußt. Auch hier umwogt die Inseln ein fischreiches Meer, welches
hinauslockte und eiue seemännisch tüchtige Bevölkerung heranbildete. Durch ihre
Küsteu trotz der Jnselanslösnng zu einer Einheit umschlossen, erhielt sie ein starkes
nationales Bewußtsein. Nie ist bei einem Volk so unvermittelt latente Energie in
kinetische umgewandelt worden. Jene befand sich in einem Zustand so hochgradiger
Spannung, daß es nur eines geringen Anlasses bedurfte, um sie auszulösen. Dieser
Anlaß war gegeben, als um das Jahr 1860 plötzlich der Ausblick über die Meere sich
eröffnete und die Erkenntnis geweckt wurde, daß alle Staaten, welche aus der Ferne