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brach in den Stoßseufzer aus, Europa erscheine ihm wie ein Mg^il-
wurfshügel, erst Asien sei für ihn eine imposante Ländermasse, dort
gebe es große Reiche!
Wir gehen nun dazu über, die geschichtlich-ethnographischen
Verhältnisse Asiens uns wieder etwas in Erinnerung zu bringen.
Asien zerfällt seiner Bevölkerung nach in zwei deutlich von
einander geschiedene Gruppierungen, eine kleinere südwestliche und
die unverhältnismäßig große und ausgedehnte des Nordostens. Die
erstere weist Völker und Stämme der mittelländisch-kaukasischen Rasse
ans, die zweite die eigentlichen Repräsentanten Asiens, die Mongolen.
Dort am Pamirplateau, am Dache der Welt, treffen sich im letzten
Vorstoß und Anprall Kaukasiertum und Mongolismus.
Bei den Mongolen spricht man von zwei Hauptstämmen. Ein
dritter, der Tschuktische an der Behringsstraße, kann wohl süglicher-
weise seiner Unbedeutendheit wegen übergangen werden. Übrigens
fand Nordenskiöld dort in den Jurten, die der eisige Buran um¬
heult, ein fast idyllisches Familienglück und -— die artigsten Kinder
von der Welt. Die beiden Hauptstämme der Mongolen sind
also der uralisch-tatarische und der südliche indochinesische. Von
dem ersteren ragen Ausläufer bis nach Europa hinein, und
zwar die Finnen, Ungarn und Türken. Die Finnen haben nie
geschichtlich eine Rolle gespielt, aber es sind tapfere Soldaten,
und die karelischen Volkslieder zeugen von hoher Begabung dieses
nördlichsten europäischen Kulturvolkes. Desto empfindlicher waren
die Berührungen Europas mit den Magyaren und Türken: das
wilde Treiben des Czikos auf den Pußten der Theiß und alle
die verwegenen Bravourstückchen der Husarenwaffe erinnern an die
einstigen verheerenden Ungarneinfälle des frühen Mittelalters, und
der Nngbärtige, stolz und ruhig in sein Kismet ergebene Muselmann
in Konstantinopel ist der Abkömmling jener furchtbaren Türken, vor
denen im 16. und 17. Jahrhundert die europäische Christenheit unter
stehendem Glockengeläut die Hilfe des höchsten Gottes inbrünstig an¬
flehte. Auch die nordmongolischen Kernvölker aus der Gobi haben
vor Zeiten Europa einen Besuch abgestattet. Wer erinnert sich nicht
der Mongolenschlacht auf der Walstatt von Liegnitz 1241 und der
langen Herrschaft der goldenen Horde! Es ist besonders interessant,
bei diesen hochasiatischen Mongolen das Einst und Jetzt vergleichend
nebeneinander zu stellen; wir wollen zunächst mit der Schilderung
der heutigen Mongolen beginnen, wie sie uns in den Reiseberichten
des vorzüglichsten Kenners Jnnerasiens, Prschewalskis, entgegentritt.
Es giebt kein harmloseres und friedlicheres Treiben als das der
Kalchamongolen innerhalb und außerhalb ihrer Filzjurten. Der
Mongole scheut derart die aufregende Bewegung und jede Thätig-
keit, die entfernt nach Arbeit schmeckt, daß er es sogar vorzieht, sich