Full text: Die fremden Erdteile (Abt. 1)

222 Die schleichen Gebirgspässe und ihre Riegel. 
weiter vordrangt wurde er zurückgeschlagen, denn Friedrich war mit seinen An- 
Ordnungen noch nicht fertig. Er bedurfte, um eine Schlacht zu wagen, jetzt 
der Truppen, welche der Markgraf Karl von Brandenburg in Jägerndorf be- 
fehligte; aber wie sollte er zu ihm seinen Befehl gelangen lassen? Er hatte es 
nicht hindern können, daß die Österreicher sich zwischen Frankenstein und Jägern- 
dorf festsetzten und ihn von dem Markgrafen abschnitten. Weder der schnelle Feld- 
jäger, noch der schlaue Spion vermochte einen Weg durch die Österreicher hindurch 
zu finden; ein Trupp von 120 Husaren mußte umkehren, als er sich durchschlagen 
wollte, Weiler auch auf den entlegensten Umwegen nicht vorwärts kommen konnte. 
In seiner Not wandte sich der König an seinen erprobten General Zielen 
und befahl ihm, er folle alles daran setzen, was es auch koste, um mit feinem 
Regimente bis Jägerndorf durchzukommen, und dem Markgrafen den Befehl 
überbringen, daß er sogleich aufbreche, sich mit dem Feinde in kein ernsthaftes 
Gefecht einlaffe und seinen Marsch nach Frankenstein nehme. Friedrich fügte 
noch hinzu, Zieten möge diesen Befehl im ganzen Regiment bekannt machen, 
damit, wenn auch nur ein einziger Husar durchkäme, der Markgraf auf jeden 
Fall vom Willen des Königs unterrichtet würde. 
Der alte Zieten war nicht wenig erstaunt, als er diesen Befehl las, denn 
er glaubte sicher, daß kein Mann bei diesem Unternehmen mit dem Leben davon- 
kommen würde. Unmöglich konnte sich ein einziges kleines Regiment durch eine 
ganze Armee auf einem 75 Kur langen Wege durchschlagen. Dennoch ge- 
horchte Zieten, weil der König befohlen hatte, aber er machte es anders, als 
es der König wünschte. Er sagte zunächst keinem Husaren, was zu thun sei. 
Sein Regiment hatte bisher rote Dolmane und gewöhnliche Filzmützen 
getragen. Kürzlich waren aus Berlin für dasselbe blaue Pelze und neue 
Schuppmützen angelangt, eine Uniform, in der seine Husaren dem Feinde nicht 
bekannt waren, die vielmehr Ähnlichkeit mit derjenigen der österreichischen 
Splenyihusaren hatte. Mit dieser Uniform wollte er die Feinde in ihrem 
eignen Lager täuschen. Schnell hatten sich die Zietenschen Husaren dem Feinde 
unkenntlich gemacht. Auf Kreuz- und Querstraßen nahm der alte General seinen 
Weg. Mit größter Wachsamkeit und Umsicht wußte er den Feind zu umgehen, 
und als der Abend anbrach, hatte er fast den halben Weg zurückgelegt. Bei 
Ottmachau ging er über die Neiße, ließ in einen dichten Wald einbiegen, die 
Husaren absitzen, um die Pferde zu füttern und das Nachtlager einzurichten. 
In der Nacht hörte man von Neustadt her schießen, aber Zieten blieb in seinem 
Busch, bis die tapfere Garnison von Neustadt die Österreicher abgeschlagen hatte. 
Als die Feinde sich am Morgen zurückzogen brach er auf und rückte in Neustadt 
ein, um Leute und Pserde ordentlich zu verpflegen. Kaum war dies geschehen, 
so ließ er wieder aufsitzen und schlug mit seinem Regiment die Straße ein, auf 
welcher die abziehenden Österreicher einHerzogen, nachdem er vorher den strengsten 
Befehl gegeben hatte, es solle niemand bei irgend einer Gelegenheit abfeuern. 
Sorglos ritten die Husaren daher; unter dem Anschein der größten Ruhe und 
Sicherheit ging der Zug den Österreichern nach und mitten durch sie hin. 
Einige geborne Ungarn, die bei dem Regimente standen, mußten Vorausreiten 
und die Feldwachen bei den Dörfern und einzelnen Posten freundlich begrüßen. 
Ein österreichisches Dragonerregiment stieß auf die Husaren, aber es hatte nicht 
den mindesten Verdacht, daß die blauen Pelze Preußen feien. Schon war
	        
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