Ausgang der drei Paladine. 123
mit Frohlocken, daß Kaiser und Kanzler sich trennten. (Es konnte nicht anders
kommen. Mit seinen unvergleichlichen Erfolgen rvar auch Bismarcks Machtstellung
fortwährend gewachsen. (Es war natürlich, daß im Rate des „alten Herrn" der Kanzler
mit seinem Urteil stets entscheidend gewesen war. In der ganzen Welt galt er als
der eigentliche Lenker Deutschlands. Nun kam Wilhelm II. zur Regierung. Kaiser und
Kanzler wollten beide nur das Beste des Reiches und des deutschen Volkes. Doch über
die Mittel und tüege konnten sie unmöglich immer der gleichen Meinung sein. Das
brachte schon der Unterschied im Lebensalter der beiden Männer mit sich. Der eiserne
Kanzler aber war auch jetzt entschlossen, seinen Willen durchzusetzen. Der Kaiser ist
jedoch eine willensstarke, tatkräftige und durchaus selbständige Natur. (Er will sich
in seinem verantwortungsvollen Berufe nicht von anderen bestimmen lassen, sondern
seinem eigenen Gewissen und seiner eigenen Überzeugung folgen. Im Frühjahr 1891
führte dieser Gegensatz zum offenen Bruch, und der Kaiser veranlagte Bismarck, seine
Entlassung zu erbitten. Der Kaiser klagte in diesen düsteren Tagen: „Mir ist so weh,
als hätte ich noch einmal meinen Großvater verloren." Rber „er konnte nicht anders,
wenn er die Zügel in der Hand behalten wollte" (König Albert von Sachsen). Grollend
zog sich der Altreichskanzler auf feine Besitzung Friedrichsruh im Sachsenwalde bei
Hamburg zurück. Dem ritterlichen (Entgegenkommen des Kaisers gelang es allmählich,
die persönliche Mißstimmung des Riten im Sachsenlande zu bezwingen. (Er bewies
ihm bei einer (Erkrankung seine (Teilnahme. Der kaiserlichen (Einladung folgte der
Genesende auch noch einmal nach Berlin.
Gerade in seinen Ruhejahren erfuhr Bismarck, welch grenzenlose Verehrung
und Liebe er sich durch sein Lebenswerk erworben hatte. Deutsche aus allen Ländern
der Welt zogen nach Friedrichsruh, um ihm zu huldigen. Im Iahre 1895 feierte
das deutsche Volk den 80. Geburtstag Bismarcks unter großartigen Kundgebungen,
und der Todestag des großen Kanzlers, der 30. Juli 1898, brachte Trauer über
ganz Deutschland. In einer schlichten Gruft im Sachsenwalde ruht der Gewaltige von
seinen Taten aus. Für seinen Sarkophag hatte er selbst die Inschrift bestimmt:
„Fürst Bismarck. (Ein treuer Diener Kaiser Wilhelms I." Seitdem erheben sich überall
in deutschen (Bauen Bismarcktürme, Bismarcksteine und Bismarckwarten. Sie verewigen
fein Gedächtnis und zugleich die Wiedergeburt Deutschlands.
Erst verspottet, dann befehdet,
vielgeschmäht in allen Landen,
hat er dennoch hohen Blutes
aufrecht stets und fest gestanden.
vann gehaßt und dann gefürchtet,
dann verehrt, geliebt, bewundert —
also steht er eine Säule,
überragend das Iahrhundert.
4. Sorge für die inneren Bedürfnisse des Reiches. Heerwesen. Mehrere Male
wurde während des Kaisers Regierung das Reichsheer gemäß der Bevölkerungszunahme
vergrößert. (Es hat gegenwärtig eine Friedensstärke von rund 600000 Mann und
gliedert sich in das Gardekorps und 22 Armeekorps. Bei der letzten großen Heeres-
Vermehrung wurde für die Fußsoldaten (Infanterie und Fußartillerie) die aktive