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7650 qkm besitzt. In diesem Landstrich darf die chinesische Regierung
ohne die Zustimmung Deutschlands keinerlei Anordnungen und Maßnahmen
treffen und insbesondere auch der Regelung der Wasserläufe kein Hindernis
entgegenstellen. Außerdem hat Deutschaud das Recht erworben, in der großen
und dicht bevölkerten Provinz Schantung Eisenbahnen anzulegen und die vor-
handenen reichen Steinkohlen- und Erzlager auszubeuten.
Die Kiautschoubucht ähnelt in Form und Größe dem Jadebusen. Ihr
Eingang, der durch zwei vorspringende Halbinseln eingeengt wird, hat eine
Breite von nur 3,4 km und kann darum leicht verteidigt werden. Der größere
n. Teil der Bucht ist indessen für den Verkehr ohne Bedeutung. Die Flüsse
haben hier dem Becken eine solche Menge von Sinkstoffen zugeführt, daß die
Wafsertiese nur sehr gering ist und zur Ebbe große Flächen trocken daliegen
wie im Wattenmeer der Nordsee. Doch bleibt im S. eine etwa 59 qkm
große Fläche, die den größten Schiffen zugänglich ist und einen ausgezeichneten,
geschützten Ankerplatz bietet. Während den Hintergrund der Bucht ebeues
Gelände umsäumt, sind die beiden Halbinseln größtenteils gebirgig. Im O.,
dem Hauptteil unsers Besitzes, erhebt sich das Lauschangebirge bis zur Höhe
des Brockens. Es besteht aus Urgestein, hat schroffe, zackige Formen, die ihm
ein malerisches Aussehen geben, und bildet für den Seefahrer eine weithin
sichtbare Landmarke. Das Gebirgsland ist fast völlig kahl, da die Bewohner
alles Holz schon als Strauchwerk und selbst das Gras als Brennstoff verwenden.
Die deutsche Regierung ist aber eifrig auf die Wiederaufforstung bedacht, und
trotz der kurzen Zeit sind schon viele Abhänge und Hügel mit jungen Kiefern-,
Akazien- und Eichenwaldnngen bedeckt. Die Täler und Niederungen haben
fruchtbaren Lößboden und sind überall vortrefflich angebaut.
Das Klima Kiautschous wird als das gesundeste in ganz China bezeichnet. Die
Lage des Gebietes auf der Halbinsel mildert die überall im Innern herrschenden schroffen
Gegensätze (S. 160). Gleichwohl find diese auch hier noch beträchtlich. Der Sommer ist
tropisch warm mit einem Julimittel von 24—25", der Winter, der unter dem Einfluß
des kalten, trockenen Nordwestmonsuns steht, entspricht etwa dem Mitteldeutschlands, und
der n. Teil der Bucht friert mitunter zu. Die Niederschläge (60 cm) fallen zu mehr als
der Hälfte im Sommer, wenn der feuchte Südostmonsun weht; der Winter ist sehr
niederschlagsarm. Infolge des gesunden Klimas ist Tsingtau, der Hauptort des Schutz-
gebiets, in letzter Zeit zu einem Seebad geworden, das außer von Deutschen auch von
vielen andern Europäern, die in Ostasien leben, aufgesucht wird.
Bewohner. Das Pachtgebiet wird von 169000 Chinesen bewohnt
(©. 161), hat also eine Volksdichte von 329, wie Sachsen, der am stärksten
besiedelte Staat Deutschlands. Die Hauptbeschäftigung ist der Ackerbau, der
mit der den Chinesen eigenen Sorgfalt betrieben wird (S. 166). Man baut
hauptsächlich Weizen, Negerhirse, Reis, Bohnen, Sesam, Erdnüsse, Hanf, etwas
Baumwolle und Obst. Sehr bedeutend ist die Seidengewinnung. Die Zahl
der Weißen betrug 1911 3900, die bis auf 90 alle Deutsche waren.