Full text: Länderkunde, Verkehrsgeographie, Elementare mathematische Erdkunde, Allgemeine Erdkunde (Teil 4)

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D. Allgemeine Erdkunde. 
§ 272. 
2. Kulturvölker. 
Sie sind meist seßhaft, treiben Ackerbau mit dem Pfluge oder haben ihn gar 
in dichter bevölkerten Ländem, z. B. in China, zu hoher Entwicklung gebracht und 
auf dieser Grundlage Gewerbe und Handel, dann Wissenschaften und Künste 
entwickelt. Die Kulturvölker allein haben den Staat über die Form der Despotie 
hinaus entwickelt zur eingeschränkten oder konstitutionellen Monarchie oder 
zur Republik. 
Die älteste, geschichtlich bezeugte Kulturstätte ist Mesopotamien. 
Den wichtigsten Schritt zur Gesittung, zur Kultur, hat der Mensch 
getan, als er das Feuer in seinen Dienst zog und mit seiner Hilfe vom Zeit- 
alter der Knochen- und Steingeräte zur Verarbeitung der Metalle vorschritt. 
Das geschah zuerst nicht in den Tropen, wo der Mensch infolge des Über- 
flufses der Natur weder um Nahrung noch um Kleidung zu sorgen und zu 
arbeiten braucht, auch nicht in den Polarländern, wo die Dürftigkeit der Natur 
den Menschen im beständigen Kampfe ums Dasein unausgesetzt alle Kräfte 
einzusetzen zwingt, sondern zuerst in der nördlichen Gemäßigten Zone, wo 
die Natur den Menschen ohne eigene Arbeit nicht ernährt, seinen Arbeits- 
fleiß dagegen mit dem Segen der Ernte krönt und ihn hierdurch zu immer 
höherer Tätigkeit anspornt. 
§ 272. Verbreitung des Menschen über die Erde. Dem Ziele, die Erde zu 
erobern, ist die Menschheit im 19. Jahrhundert rascheren Schrittes näher gekommen 
als je zuvor. Denn noch nie sind in so kurzer Zeit so große und bis dahin spärlich 
oder gar nicht bewohnte Räume erschlossen und dichter besiedelt wie z. B. die Union 
und Argentinien. Zugleich hat die Bevölkerung der alten Kulturländer die Schätze 
des Bodens und die Vorteile ihrer geographischen Lage in immer steigendem Maße 
ausgenutzt und ist dementsprechend schneller gewachsen, so auf dem Gebiete des 
heutigen Deutschen Reiches seit der Mitte des 19. Jahrhunderts um 60%, im König¬ 
reich Sachsen um mehr als 100%, in der Union sogar um 230%*. 
Einen Maßstab dafür, wie weit die Bevölkerung des Bodens Herr geworden 
ist, gibt im ganzen die Ziffer ihrer Verdichtung, der Volksdichte auf 1 qkm. 
Die Eroberung der Erde mußte unter mannigfachen Kämpfen der Besiedler 
untereinander, mit wilden Tieren, dem Klima und vor allem mit dem Boden vor 
sich gehen. Dafür übte dann dieser auf seine Bebauer eine langsame, aber um so 
sicherere Gegenwirkung aus, die sich bis auf Körpergestalt und Gesichtszüge erstreckt 
(vgl. den Yankee ^janky-Typus in der Union) und die Gewohnheiten der Völker ost 
gründlich umgestaltet. Der Boden bestraft unvermittelte Übergänge der Völker in 
andere Klimate. Überall tritt der Einfluß der geographischen Be- 
dingungen auf die Völkergeschicke hervor. 
i Um 1850 zählten die Britischen Inseln 27,5 », die Niederlande 3,25, Belgien 4,5, 
das Königreich Sachsen 2,i, das Deutsche Reich 35, die Union 23 Mill. Bewohner.
	        
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