Full text: [Band 8 = Klasse zwei und eins, neuntes und zehntes Schuljahr, [Schülerband]] (Band 8 = Klasse zwei und eins, neuntes und zehntes Schuljahr, [Schülerband])

Er geht zurück — noch immer ohne Stock — 
und kramt in Schüben und vergeßnen Flittern, 
sein Auge glänzt und seine Hände zittern, 
mit alten Orden schmückt er seinen Rock. 
3. So wild wie heute überkam's ihn nie, 
er weiß, auch er ist heute nicht verlassen, 
und straff wie früher stelzt er durch die Gassen, 
nickt rechts und links — ihm ist, er weiß nicht wie, 
als sühn die Menschen stumm an ihm empor, 
als neigten sich die dreigeteilten Fahnen, 
als grüß' auch ihn, den ärmsten Veteranen, 
der Dankesglocken feierlicher Chor! 
4. Sein Rock wird eng, zu Herzen strömt sein Blut, 
er küßt das Kreuz mit seinem eichnen Kranze, 
und seine Bänder stehn in neuem Glanze, 
und seine Narben glühn in neuer Glut. 
Sedan! Sedan! Alljubelnd tönt das Wort! 
Und mit den andern Arm in Arm verschlungen, 
hat lachend, weinend er sie mitgesungen, 
die „Wacht am Rhein" — 
so trägt der Strom ihn fort! — 
2. Meiner Mutter. 
1. Du warst so jung noch, ach, so jung und gut 
und mußtest sterben . . . Lange, bange Nächte 
saß ich bei dir an deinem Krankenbett, 
die schlanken, hagren Hände in den meinen, 
und horchte lautlos deinen Atemzügen. 
„Ich bin so müde" und „ich hab' dich lieb", 
wie diese Worte mir das Herz durchdrängen, 
und wie dein Lächeln mir das Herz zerriß, 
dies Dulderlächeln, drin sich Todesangst 
mit heißer Liebe, Mutterliebe, mischte. — 
2. Und im Dezember, spät am Abend war's, 
das Dunkel sah von draußen durch das Fenster, 
und durch das Zimmer floß gedämpftes Licht. 
Du keuchtest schwer — war das der Tod, der Tod? 
Griff er nach dir mit dürren Knochenhänden, 
nach deinem Herzen, das so voll einst schlug? 
Ich horchte reglos. Zögernd ging der Zeiger 
der zehnten Stunde zu ... . Da brach dein Atem, 
13*
	        
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