Full text: Die Landschaften Europas (Bd. 2)

Die westlichen Hauptalpen. 
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ebene bildet. Wir steigen, wieder einem Tliale und einem kleinen 
Bache folgend, in sie hinab, um den Eindruck des hier jäh ab¬ 
fallenden Alpengebirges aut uns wirken zu lassen. Nach N 
wandernd und dabei westwärts schauend, sehen wir, wie die Alpen 
an Höhe wachsen und im Monte Viso, der höchsten Erhebung 
der Cot tisch en Alpen, die wir aber als Monte Viso-Gruppe 
bezeichnen wollen, zn fast 4000 m (3840) ansteigen. 
Prächtig schmückt die stolze, schneegeschmückte Pyramide dieses Berges 
das Panorama, thronend über den tiefen Abgründen, zu dem sich der Alpen¬ 
kamm und die von ihm abzweigenden Seitenkämme jäh hinabsenken. Frei her¬ 
vortretend und die Umgebung kühn beherrschend, erscheint er als einer der 
gewaltigsten Berge der gesamten Alpen. 
Am Monte Viso entspringt der Po, der Hauptstrom der 
Lombardischen Tiefebene. Aber nicht von der Milch der Gletscher 
trinkt er ; denn die nämlichen Ursachen wie in den Meeralpen ver¬ 
hinderten eine umfangreiche Gletscherbildung. Nur kleine Anfänge 
zu dieser sind in der Umgebung des Monte Viso vorhanden. 
Dem Laufe des Po folgen wir nach N, immer nach W hin¬ 
aufschauend zu den jäh aufgerichteten Alpen. Wir erreichen die 
grosse Stadt Turin, wo. der Po den ersten grössern Nebenfluss, 
die Dora Riparia, aufnimmt. Die obern Verzweigungen der¬ 
selben fuhren zu wichtigen Passübergängen hin, ein. nördlicher 
Quellarm zum Mont Ce ni s (spr. mong sseni), ein südlicher zum 
Mont Gen è vre (spr. schenäw'r). Der zuerst genannte Pass liegt 
schon 200 m höher als der Col di Tenda, der andere ebenso hoch 
wie dieser. 
Von Turin setzen wir die Wanderung durch wellige Land¬ 
schaften fort nach Ivrea. Dieses liegt am Ausgange eines Quer- 
thales der Alpen, dem die Dora Balte a, ebenfalls zum Po hin. 
folgt. Die Alpenkette, die nun links vor uns liegt, trägt schon 
reichen Gletscher schmuck. Sie wird gewöhnlich als 
Grajische Alpen bezeichnet; wir wollen sie nach dem höchsten 
Gipfel Gran Paradiso-Gruppe nennen. 
Herrlich blicken die weissen Firnfelder zwischen den zackigen Spitzen 
der hochgetürmten Berge heraus. Das prächtige Bild wird beherrscht vom 
Gran Paradiso, der bereits eine Höhe von über 4000 m (4060) hat. Als 
Mittelpunkt der Gruppe hat auch der etwas niedrigere Mont Iséran (spr. 
mong iserang, 3620 m) Bedeutung. In ihm treffen sich die beiden Hauptkämme 
dieser Alpengruppe, ein südnördlich gerichteter Zug, der einen östlichen Bogen 
bildet, und ein mehr geradlinig von SW nach NO streichender. 
Um nicht bloss von der äusseren Erscheinung, sondern auch 
von der Natur und den Natur kr äften des Hochgebirges 
eine Vorstellung zu erhalten, wollen wir tiefer in dessen Thäler 
hineinwandern. Dem Lauf der Dora Bai tea folgend, gelangen wir 
in das berühmte Thal von Aosta. Das Thal ist ausserordentlich 
tief zwischen der Gran Paradiso-Kette im S und den Pen¬ 
nin i sehen Alpen oder der M ont erosakette im N eingesenkt. 
Auf beide Ketten gemessen wir herrliche Blicke, wenn wir irgend 
eine Anhöhe seitwärts von der Strasse erklimmen, besonders nach N, 
wo inmitten riesiger Gletscherfelder das Matterhorn, der stolzeste
	        
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