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Allgemeine Betrachtung des ganzen Landes.
Lage und Grenzen.
Die Provinz Schlesien liegt im südöstlichsten Teile des Königreiches
Preußen. Im Osten, Süden und Westen ist sie von fremden Ländern um-
geben, nur an der Nordseite hängt sie mit Preußen zusammen.
Ans der langen Südwestseite bilden die Sudeten einen natürlichen
Grenzwall. Die Erhebungen an der Süd- und Ostgrenze sind niedrig und
wirken darum nicht trennend. Hier begrenzen die Weichsel, Warthe und Prosua
aus längeren Strecken die Provinz. Nach Norden hin geht Schlesien nn-
merklich in das übrige Gebiet Preußeus über. So deuten schon seine natür-
licheu Grenzen an, daß Schlesien zu Preußen gehört.
Die Nachbarländer Schlesiens sind im Osten: Polen und Galizien, im
Süden: Österreichisch-Schlesien, Mähren und Böhmen, im Westen: das
Königreich und die Provinz Sachsen, im Norden: die Provinzen Branden-
bürg und Posen.
Schlesien ist weit in slavisches Gebiet vorgeschoben. Darum ist eiu beträcht-
licher Teil seiner Bewohner slavisch. Und weil im Osten die natürliche Grenze fehlt,
ist hier auch die Sprachgrenze von der politischen sehr abweichend und greift tief
in schlesisches Gebiet ein. (Näheres darüber siehe unter „Bevölkerung".) Die Lage des
Landes inmitten zweier großen, oft feindlichen Reiche (Polen und Böhmen) hat das
kleinere Schlesien niemals zu politischer Selbständigkeit kommen lassen. Es war
immer ein Anhängsel und Nebenland und hat bis zur Besitzergreifung durch die
Hohenzollern schwer unter dieser Stellung gelitten. In der Gegenwart ist Schlesien
durch seine Lage zu einem Wächter deutschen Wesens gegen den Ansturm des Slaven-
tums und zu einem strategisch wichtigen Gebiete geworden.
Die Grenzsperren im Osten, Süden und Süd-Westen weisen Schlesiens Verkehr
besonders nach dem Hauptlande, nach Preußen.
Die Grenzlinie folgt auch im Südwesten nicht immer den: Kamme des Gebirges^
(Bestimme an der Hand der Karte, wo sie a. nördlich, b. südlich davon abweicht!)
Sie hat infolge der vielfachen Windungen eine Länge von 1500 km (200 Ml.). Die
zahlreichen Ausbuchtungen der Grenze sind im Norden und Nord-Westen bedeutungslos,
weil Schlesien dort an Teile des deutschen Reiches grenzt. Das Übergreifen über das
Grenzgebirge gegen Österreich (z. B. im Lewiner Ländchen), sowie das Einspringen der
österreichischen Grenze (z. B. bei Friedland in B., Hotzenplotz, Braunauer Ländchen),