Full text: Die deutschen Landschaften (1)

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Die deutschen Landschaften. 
grade 55 V» und umfasst also etwa 8 Breitengrade ; im W reicht es 
bis zum 6. und im O bis annähernd zum 23. Längengrade, so dass 
seine Ausdehnung in dieser Richtung hin 17 Grade beträgt. 
b. Die staatliche Ordnung und Einrichtung. 
Die Bundesverfassung des deutschen Reiches bestimmt, 
dass der König vonPreussen zugleich den Titel, die Würde 
und die Rechte eines deutschen Kaisers hat. An der 
Reichsgesetzgebung wirken Bundesrat und Reichstag mit. 
Durch die Reichsgesetzgebung werden folg. Angelegenheiten geregelt : 
1) Freizügigkeit, Heimats- und Niederlassungsverhältnisse (m. Ausn. v. Bayern), 
Staatsbürgerrecht, Presswesen und Fremdenpolizei, Gewerbebetrieb und Versiche¬ 
rungswesen, Kolonisation und Auswanderung; 2) Zoll- und Handelsgesetzgebung 
und Reichssteuern ; 3) Mass-, Münz- und Gewichtssystem und Ausgabe von Papier¬ 
geld; 4) das Bankwesen; 5) die Erfindungspatente; 6) der Schutz des geistigen 
Eigentums ; 7) der Schutz des deutschen Handels, der deutschen Schiffahrt und 
ihrer Flagge im Auslande, die Einrichtung von Konsulaten; 8) das Eisenbahn¬ 
wesen (unter einigen Beschränkungen in Bayern) und die Anlage von Land- und 
Wasserstrassen zum Zwecke der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs; 
9) der Flösserei- und Schiffahrtsbetrieb, die Wasserzölle und Seeschiffahrtszeichen ; 
10) das Post- und Telegraphenwesen (in Bayern und Württemberg unter Be¬ 
schränkungen); 11) die Bestimmungen über die wechselseitige Vollstreckung von 
Erkenntnissen in Civilsachen und Erledigung von Requisitionen überhaupt ; 
12) die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden; 13) das gesamte bürgerliche 
Rechi, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren; 14) das Militärwesen des 
Beichs und die Kriegsmarine; 15) Die Medizinal- und Veterinärpolizei; 16) Das 
Press- und Vereinswesen. 
Die Befugnisse und Rechte des deutsche» Kaisers sind folgende: 
1) Er hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, kann im Namen 
desselben Krieg erklären und Frieden schliessen, Bündnisse und andere Verträge 
mit fremden Staaten eingehen, Gesandte beglaubigen und empfangen. (Doch ist 
zur Kriegserklärung die Einwilligung des Bundesrates nötig, es sei denn, dass das 
Reich von andern Staaten angegriffen wird). 2) Der Kaiser ist der 0 b e r b e - 
fehlshaber d es R eie h s h e e r e s und der Kriegsmarine. 3) Er hat das 
Recht, den Bundesrat und den Reichstag zu berufen, zu eröffnen, 
zu vertagen und zu schliessen. (Die Berufung des Bundesrates muss er¬ 
folgen, sobald es von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird). 4) Ihm 
steht ferner die Ausfertigung und Verkünd igung der Reichsgesetze, 
sowie die Ueb erwach un g ihrer Ausführung zu. 
Der regierende deutsche Kaiser heisst Wilhelm II. (reg. seit 1888). 
Der Bundesrat, der über die Gesetze beschliesst, die dem Reichstage zur 
Beratung vorgelegt werden sollen oder von diesem bereits fertig gestellt worden 
sind, besteht aus den Vertretern der deutschen Bundesstaaten. Von den 58 
Stimmen entfallen auf Preussen 17, auf Bayern 6, auf Sachsen und Württemberg 
je 5, auf Baden und Hessen je 3, auf Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg je 
2, auf die übrigen (m. Ausn. v. Elsass-Lothringen) je 1. Den Vorsitz im Bundes¬ 
rate überträgt der Kaiser dem von ihm ernannten Reichskanzler, der aber wieder 
durch jedes andere Mitglied vertreten werden kann. 
Der Reichstag stellt die Vertretung des deutschen Volkes bei der Beratung 
von Reichsangelegenheiten dar. Er besteht aus 397 Mitgliedern, deren Wahl 
auf direktem und geheimem Wege durch Stimmzettel erfolgt. Wähler 
ist jeder Deutsche, der 25 Jahre alt und im Besitze der bürgerlichen Rechte ist. 
Für die Personen des aktiven Soldatenstandes ruht die Wahlberechtigung. 
Wählbar zum Abgeordneten ist jeder deutsche Bürger, der 25 Jahre 
alt ist, selbst das Wählerrecht besitzt und seit einem Jahre in einem Bundesstaate 
wohnt Durchschnittlich wird für je 100 000 Einw. ein Abgeordneter gewählt. 
Die Wahl des Reichstages geschieht für die Dauer von 5 Jahren. Eine früh¬ 
zeitigere Auflösung desselben kann nur durch Beschluss des Bundesrates unter
	        
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