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hatten sie ihn doch gern wegen seiner Gutmütigkeit und ehrten
ihn wegen seiner aufrichtigen, herzlichen Frömmigkeit. Endlich
lag der alte fromme Bruder müde und matt auf dem Sterbe-
bette. Die Glieder konnte er nicht mehr rühren, nur die bleichen
Lippen flüsterten ganz leise seine Lieblingsworte: „Ave Maria!"
Der Mönch wurde auf dem Klosterfriedhofe begraben. Als
am andern Morgen die frommen Klosterbrüder das frische Grab
besuchten, da schauten sie ein großes Wunder. Aus dem dunklen
Grabhügel war eine wundervolle, schneeweiße Lilie hervorge-
sprossen. Die duftete gar süß und lieblich, und auf jedem Blüten-
blatt stand in goldenen Buchstaben deutlich zu lesen: „Ave
Maria!" Da glaubten die Mönche ganz fest, daß Gott den
Ritter, der da unten ruhte, in Gnaden angenommen, nicht weil
er sehr gelehrt war oder etwas besonders Großes im göttlichen
Dienste vollbracht hatte, sondern weil er voll guten Willens war,
Gott in Einfalt zu dienen. Der Prior aber sprach zu den
Brüdern: „Seht da, was wahre Frömmigkeit vor dem Herrn
gilt!"