Full text: Vaterländische Erdkunde (1)

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ist die Moordammkultur die jüngste Kulturart. Das Moor wird zunächst 
durch Gräben in breite Dämme geteilt. Auf diese bringt man dann eine Schicht 
Sand, die man mit Kainit (S. 183) und anderen künstlichen Düngemitteln, 
oder auch mit Kompost düngt. Die Sandschicht erstickt die Moorgewächse, so 
daß alle Nährstoffe der Saat verbleiben. Zugleich schützt sie die in den Boden 
eingedrungenen Würzelchen der Saat vor dem Erfrieren, dem sie auf dem 
Moorlande so leicht ausgesetzt sind. So hebt der Sand die Nachteile des 
Moores auf. Das Moor aber beeinflußt andererseits auch den Sand günstig, 
indem es ihm seine Feuchtigkeit mitteilt. So ist es erklärlich, daß letzterer, der 
sonst doch auch unfruchtbar ist, die junge Saat — eine gute Düngung voraus- 
gesetzt — prächtig gedeihen läßt. Je größer sie aber wird, desto mehr schickt 
sie ihre Wurzeln in das Moor hinab, wo die ungeheure Menge vermoderter 
Pflanzen reiche Nahrung darbietet, so daß die Moordämme in ihren Erträgen 
mitunter die Marsch überflügeln. 
Wenn wir uns vorhalten, daß die Moore nichts anderes bedeuten, als 
ungeheure Ansammlungen vermoderter bezw. vertorster Pflanzenteile, 
so wird uns klar, daß sie — an und für sich — die fruchtbarsten Gebiete 
sind, fo sonderbar das bei ihrer jetzigen Ertragsunfähigkeit auch klingen mag. 
Wir dürfen es geradezu als eine gewaltige Kulturaufgabe unseres Vaterlandes 
bezeichnen, seine großen Moore thunlichst in segensreiche Fruchtgefilde um- 
zuwandeln, eine Arbeit, zu der bis jetzt erst bescheidene Anfänge gemacht sind. 
Freilich wird man mit der Kultivierung der Moore erst dann energisch vor- 
gehen, wenn die Getreidepreise die mühevolle Arbeit lohnend ercheinen lassen, 
was z. Z. durchaus nicht der Fall ist (s. Abschnitt „Ackerbau"). Im folgenden 
Abschnitt beschäftigen wir uns mit der Entstehung der Moore. 
Die Entstehung der Moore. 
Die Moore sind im Laufe der Zeit geworden, gewachsen. Einst breiteten sich an 
ihrer Stelle flache, stehende Gewässer aus. Ursprünglich mochten dieselben kräftige Zu- 
und Abflüsse haben, aber je mehr das Terrain im Laufe der Jahrtausende eingeebnet 
wurde, desto mehr stockte die Wasserbewegung. (Dazu lag unter dem Wasser eine un- 
durchlässige Schicht, so daß auch eine absickernde Bewegung verhindert war.) In 
einem solchen Gewässer bilden sich auch heute noch große Mengen von Wassersädeu, 
die als grüue Schleimmassen im Wasser schwimmen. Haben sie eine genügende Massigkeit 
erreicht, so siedeln sich am Uferrand auf ihnen Moose an, für die sie einen günstigen 
Nährboden bieten. Die Samen dazu werden ihnen vom Winde und von fließendem Wasser 
zugetragen. Mit dem Auftreten der Moose (es ist namentlich das Sumpfmoos, Sphagnum) 
ist das Schicksaal des Sees entschieden; nach Jahrtausenden werden diese winzigen Ge¬ 
wächse ihn besiegt und — um ein zutreffendes Bild zu gebrauchen — langsam erdrosselt 
haben. Die Moosränder verbreitern sich nach innen zu immer mehr und werden gleich- 
zeitig immer mächtiger. Im Herbst und Wiuter sinkt nämlich das Moos zusammen und 
gerät unter Wasser; im Frühling schickt es aber ein dichtes Gewirr neuer Triebe in die 
Höhe, so daß über der alten, untergetauchten eine dichtverfilzte neue Generation sich auf- 
baut. Indem sich das Jahr für Jahr wiederholt, gewinnt die Moosdecke eine solche 
Mächtigkeit, daß sich auch mancherlei andere Gewächse auf ihr ausiedelu können, uud zuletzt 
darf auch der Mensch diesen schwimmenden Boden betreten. (Die schwimmenden Wiesen 
im Teufelsmoor bei Bremen, die man ankettet, damit der Sturm sie nicht wegtreibt!) 
Aber nicht bloß von oben nach unten wächst das Moor, sondern auch iu umgekehrter 
Richtung. Die unteren, absterbenden Partien der Moosschichten zerfließen nämlich zu 
einem schwärzlichen Brei, der auf den Grund hinabsinkt und diesen nach und nach erhöht.
	        
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