B. Die italische Völkerwelt.
1. Das herrschende Volk in Italien wurden die Italiker.
Sie sind der den Griechen am nächsten stehende Zweig des
großen arischen oder indogermanischen Völkerstammes
und in ihrer Hauptmasse wahrscheinlich von Norden her zu
Lande eingewandert. Die vielen ihren später getrennten Stämmen
gemeinsamen Elemente des Volkslebens, die Sprachreste und
die Ausgrabungen der Gegenwart in Ober- und Mittelitalien
weisen darauf hin, daß die Italiker nach ihrer Trennung von
den Hellenen und Kelten zunächst in der Poebene längere Zeit
eine Einheit bildeten und hier die ersten Grundlagen ihrer
nationalen Eigenart ausgestalteten.
2. Die Bevölkerung, welche die Italiker in der Halbinsel
vorfanden und unterwarfen, läßt sich ihrer Nationalität nach
nicht mehr bestimmen; doch haben sich in Italien die Reste
ehemals weiter verbreiteter Völker erhalten. Die Japyg er oder
Messapier am Südstrand der Halbinsel erscheinen als ein
vor späteren Einwanderern znrückweichendes und schließlich dort
zusammengedrängtes Volk wahrscheinlich illyrischen Stammes,
welches von Griechenland über das Meer nach Italien gelangt
war und hier lange Zeit seine Nationalität bewahrte, bis es
endlich hellenisiert, dann romanisiert wurde. Als zweite ver¬
drängte Nation sind die Ligurer anzusehen, welche in ge¬
schichtlicher Zeit auf dem noch heute nach ihnen benannten
schmalen, gebirgigen Küstenstriche von der Mündung der Rhone
bis zu der des Arno eine Zufluchtsstätte gefunden haben.
3. Von der Poebene aus hat die italische Nation infolge
von Übervölkerung und von Osten und Norden gedrängt durch
Veneter und Etrusker (S. 7) nach und nach die Halbinsel
erobert und sich dabei in einzelne Stämme gespaltet, welche
in zwei Gruppen erscheinen: die östliche, umbrisch-sabel-
lische und die westliche (lateinische) Gruppe.
Als ältester Stamm der östlichen Gruppe galten die Umbrer,
welche, aus Oberitalien und Etrurien durch die Etrusker und Kelten ver¬
drängt, schließlich auf das nach ihnen benannte enge Gebirgsland des nörd¬
lichen Apennin und seiner beiden Abhänge beschränkt wurden. Die sabel-
lischen Völkerschaften gingen von den Sabinern auf der Hochebene von
Amiternum am oberen Aternus (später im Nordosten von Latium) aus (ver
sacruin): die Volsker auf beiden Seiten des oberen Liris, die Äquer am
oberen Anio, die Herniker südlich zwischen beiden am Trerus und oberen
Liris; die Pieenter an den Ostabhängen des Apennin und an der be¬
nachbarten adriatischcn Küste, die 4 Abruzzenvölkchen der Marser im Fuciuer-
betfen, der Päli gner im Hochthal von Corfiniurn, der Vestiner und