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Bimsstein bedeckt, und so steil, daß es fast unmöglich wäre, die Spitze
zu erreichen, wenn man nicht einem alten Lavastrom folgte, der einst
aus dem Krater geflossen zu fein scheint. Seine Trümmer bilden eine
Mauer von verschlackten Felsen, welche sich mitten durch die bewegliche
Asche erstreckt. Wir brauchten fast eine halbe Stunde, um den Gipfel
zu erreichen. Als wir auf der Spitze ankamen, toaren wir erstaunt,
daselbst kaum so viel Platz zu finden, um bequem sitzen zu können.
Wir wurden durch eine kleine kreisförmige Mauer von Lava aufge¬
halten, die uns den Anblick des Kraters entzog. Der Westtvind wehte
mit solcher Heftigkeit, daß wir Mühe hatten, uns auf ben Beinen zu
halten. Es war acht Uhr morgens, und wir waren erstarrt vor
Kälte. Jene Lavamauer hatte aus der einen Seite eine Öffnung,
durch die wir an den Boden des Trichters hinabstiegen, der etwa
die Tiefe eines gewöhnlichen Stadtturms hat. Die äußeren Wände
des Kraters sind beinahe senkrecht. Wir stiegen hinab auf einen Strich
zerbrochener Laven. Die Wärme war nur an einigen Spalten bemerk¬
bar, aus denen sich Wasserdünste mit Brausen entwickelten. Das
Innere dieses Trichters verkündet einen Vulkan, der seit Jahrtausenden
nur durch seine Seiten Feuer ausgeworfen hat. Das Majestätische
dieser Gegend beruht auf der Erhöhung über der Oberfläche des
Oceans, auf der tiefen Einsamkeit dieser hohen Gegenden, und auf der
unermeßlichen Weite, welche das Auge von der Spitze des Berges um¬
faßt. Die Reise auf die Spitze dieses Vulkans ist höchst interessant
durch die malerischen Schönheiten, die sich denen darbieten, welche die
Majestät der Natur lebhaft empfinden. Die Erfahrung hat die Rei¬
senden belehrt, daß die Spitzen sehr hoher Berge selten eine so schöne
Aussicht darbieten, wie die Bergspitzen, deren Höhe die des Vesuvs,
des Rigi und des Puy de Dom nicht übersteigt. Kolossale Berge,
wie der Monte Rosa, haben eine so bedeutende Masse, daß die Ebenen
nur in einer großen Entfernung gesehen werden, und daß ein bläu¬
licher Duft gleichförmig über die Landschaft verbreitet ist. Der Pik
von Teneriffa vereinigt durch eine schlanke Gestalt die Vorteile, welche
weniger hohe Bergspitzen haben, mit denen, welche von einer sehr
großen Höhe entspringen. Nicht nur entdeckt man von seinem Gipfel
einen ungeheuern Horizont vom Meer, sondern man sieht auch die
Wälder von Teneriffa und den bewohnten Teil der Küsten in der
Nähe. Man könnte sagen, der Vulkan erdrücke mit seiner Masse die
kleine Insel, welche ihm zur Grundlage dient; er schwingt sich aus
dem Schoß der Gewässer zu einer Höhe, die dreimal größer ist als
die, in welcher im Sommer die Wolken schweben. Wenn sein Krater,
der seit Jahrhunderten erloschen ist, Feuerströme ausspie, so würde
der Pik, einem Leuchtturme ähnlich, dem Schifffahrer iu einem Um¬
fang von mehr als 260 Meilen zur Richtung dienen. Als wir auf
dem äußern Rande des Kraters saßen, richteten wir unsern Blick
nach Nordwest, wo die Küsten mit Dörfern geziert sind. Zu unsern