VI.
Namen und Zahlen im geographischen Unterricht.
Ein reichliches Wissen von Namen und Zahlen wird im erdkundlichen
Unterricht immer noch als Hauptsache angesehen — und von manchem
Revisor in erster Linie gefordert. Das Wissen von der Erde läuft hier auf
ein Behalten von Städte-, Fluß- und Gebirgsnamen, Flächen-, Einwohner-
und Höhenzahlen hinaus, und nebenher geht bestenfalls „das Zeigen" an
der Wandkarte und das Schmieren von Länderskizzen. Daher bleibt denn
auch keine Zeit übrig zur Erfüllung der wichtigen Forderungen, die den erd-
kundlichen Unterricht in den Dienst wahrer Bildung und nationaler Volks-
erziehung stellen.
Soll aber der geographische Unterricht nach Grundsätzen erteilt werden,
die eine solche Bildung erstreben, so ist der Gedächtniskram aus dem Vorder-
gründe geographischer Unterweisung zu entfernen, und Namen und Zahlen
müssen aufs Notwendigste beschränkt werden.
1.
Es muß als ein nicht zu unterschätzender Fortschritt bezeichnet werden,
daß gute und gangbare Lehrbücher und Leitfäden neuerdings eine Mafse
bedeutungsloser Namen gestrichen haben. Das wirklich Merkenswerte tritt
da immer deutlicher hervor. Die Volksschule wird namentlich bei der Durch-
nähme fremder Länder und Erdteile viel Namenwerk entbehren können, so
insonderheit bei Erdräumen, die weder in der Weltkultur eine nennenswerte
Stellung einnehmen, noch mit unserm Vaterlande in Beziehungen stehen. Das
Deutsche Reich stellt ja mit Recht in dieser Hinsicht höhere Anforderungen;
doch können auch hier manche der bisher üblichen Städte-, Fluß- und Berg-
namen wegbleiben. Die Größe der Stadt allein — wie manche Methodiker
meinen — kann nicht maßgebend sein. Es läßt sich der Fall denken, daß
ein kleiner Ort wegen seiner geographischen Bedeutung gemerkt wird, während
eine Stadt mit 50000 Einwohnern und darüber für die geographische Er-
kenntnis des Volksschülers belanglos ist.