Die Weser und das Weserbergland.
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Hochflächen, bald als Hügellandschaften, bald auch als Massengebirge,
am meisten aber als schmale, nach NW. gerichtete Gebirgskämme
erscheinen, werden wohl mit gemeinschaftlichem Namen Weserberge
genannt.
Am linken Ufer der Weser, von Münden abwärts bis zu der bei
Karlshafen mündenden Diemel liegt der Reinhardswald; an ihn schließt
sich bis zur Emmer, die vom Teutoburger Walde kommt, die sogen.
Hochflüche von Paderborn mit der Bever und Nethe. Zwischen dem
Teutoburger Walde, und dem Weserthal, der Emmer und der Ebene,
die durch die bei Öhnhcinsen in die Weser mündende Werre mit der
Bega gebildet wird, liegt das Lipper Berg- und Hügelland. Am
rechten Ufer der Weser läuft von Münden bis zur Schwülme, gerade
dem Reinhardswald gegenüber, der Bramwald, der zur Weser steil ab-
fällt, nach Osten allmählich in die Göttinger Berge übergeht. Dann
folgt bis Holzminden der breite Sollinger Wald. Von hier streichen
eine Reihe interessanter Gebirgsketten in nordwestlicher Richtung bis
zur Porta. Die wichtigsten von ihnen sind in der Nähe der Weser
der Vogler. Ith, Süntel und seine Fortsetzung, die Weserkette; weiter
östlich der Hils, der Thüsterberg, der Osterwald und Saupark, der
Deister uud die Vückeberge. Der einzige zwischen ihnen in die Weser
mündende Fluß ist die Hamel.
Nicht mit Unrecht hat man wohl die Weserden deutschesten allerStröme
Deutschlands genannt. Denn von sämtlichen größeren Flüssen unseres
Vaterlandes durchfließt allein sie von ihren Quellen bis zu ihrer Mündung
rein deutsches Gebiet, und allein von ihren Nebenflüssen bekommt kein
einziger die fremden Laute eines anderen Volkes zu hören. Ihren Ur-
sprnng nimmt die Weser so recht im Herzen unseres Vaterlandes,
mögen wir denselben nun, wie man meistens zu thun pflegt, nach
Münden verlegen, wo Werra nnd Fulda zu einem Fluffe sich vereinigen,
oder, was richtiger ist, in den Thüringer Wald hinein, wo im sachsen^
meiningischen Kreise Hildburghausen nicht weit von Eichsfeld zwei
plätschernde Bergquellen, die trockene und nasse Werra, zur Werra zu-
sammensließen. Denn dieser Fluß ist als Hauptfluß, die Fulda da-
gegen, welche in der Provinz Heffen-Naffau nicht weit von Gersfeld
im Rhöngebirge entspringt, cils Nebenfluß zu betrachten. Das zeigt
fchon die Länge der Werra, die gegen 280 km beträgt, während die
Fulda deren nur 209 aufzuweisen hat; das die nordwestliche Richtung
und der ganze Charakter des Flußthales und seiner Höhenzüge, so daß
die Weser als natürliche Fortsetzung der Werra erscheint; das ferner
der ruhigere Lauf der Werra, der Schiffahrt und Holzflößerei weiter
hinauf gestattet uud weniger beschwerlich macht als die seichtere nnd
ein stärkeres Gefälle zeigende Fulda; das endlich auch die Namen der
beiden Flüffe. Denn während Fulda = Fuldaha ein Name für sich
ist, sind Werra und Weser nur verschiedene Formen für dasselbe Wort.
In Oberdeutschland hieß der „Westfluß" Wirar-ali (aha = Aclia, lat.
aqua), woraus Werra, in Niederdeutschland Wisar-aha, woraus Weser
geworden ist. Kommt doch noch in mittelalterlichen Urkunden Werra,
Meyer, Lesebuch der Erdkunde III. 19