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XIV. Die Pyrenäenhalbinsel.
Freilich ist der Sommer fast ganz regenlos. Damm gibt es auch hier wenig
Bäume und einige steppenartige Gebiete. Wie in Sizilien und Griechenland
erntet man im Juni das Getreide, wonach die Felder sich in Steppe der-
wandeln. Wo man aber das Land künstlich bewässert, wie in der Lombardei
usw., dort zeigt sich uns ein Paradies. Die Ortschaften sind meistens um¬
rauscht von Oliven- und Oleanderhainen, von Pfirsisch- und Feigengärten, von
Granatbäumen, die zur Zeit der Blüte in herrlichem Scharlachschmucke prangen.
Auf den Feldem wogt goldener Weizen, der reichlich trägt. An den Abhängen
gedeiht der Wein vorzüglich. Alle Südfrüchte werden gezogen; selbst Palmen
findet man, Mais und Tabak werden in bedeutenden Mengen gepflanzt.
Korkeichen gibt es reichlich. Johannisbrotbäume und Kastanien sind häufig.
Die Schweine füttert man vielfach mit Kastanien und Johannisbrot, denn sie
geben danach ein schmackhaftes Fleisch.
Sevilla am Guadalquivir ist eine altberühmte Stadt. Heute ist sie
etwa so groß wie Kassel, ftüher war sie schon einmal so groß wie Köln. Die
Schiffe fuhren bis Sevilla und es war lange eine wichtige Hafenstadt wie
Hamburg. Damals waren die Schiffe kleiner als heute; jetzt können natürlich
die größeren Seeschiffe nicht mehr bis Sevilla fahren, sie landen in K a d i z.
Aus Sevilla führt man vor allem Mais, Kork und Südfrüchte aus. Berühmt
ist es noch durch seine Zigarrenmacherei. 6—7000 Arbeiter sind darin be¬
schäftigt. In der Weberei und Steingutindustrie leistet Sevilla auch Bedeutendes.
Sevilla ist wie eine morgenländische Stadt gebaut, denn hier hatten die kunst¬
sinnigen Araber oder Mauren (= Schwarzen, Morena = schwarz) ihren Sitz. Die
Straßen sind zwar eng und krumm, aber reinlich. Die hohen Häuser haben
einen blendend weißen Anstrich und nur glatte Dächer. Der viereckige Hof¬
raum ist mit Säulengängen, Blumenbeeten und Springbrunnen geziert.
Ebenso berühmt war in der maurischen Zeit Kordoba, es liegt weiter
aufwärts am Guadalquivir und ist heute nur noch eine kleinere Stadt; aber
die Umgebung ist durch ihre Fruchtbarkeit ausgezeichnet. Herrlich liegt auch
Granada in dem Tale eines Nebenflusses des Guadalquivirs. Im Frühling
und Sommer sind alle Höfe, alle Balkone, alle Terrassen von duftenden
Rosen erfüllt und alle Hecken uud Mauern von Rosen umsponnen. Es ist die
Stadt der Granatbäume. Vier Flüsse und unzählige künstliche Wasseradern
durchziehen das liebliche Hochtal, das durch beständigen Überfluß an Wasser
ein ewig frisches, entzückendes Ansehn erhält. Hier hatten die Mauren ihr
letztes Bollwerk. Auf einem Felsen erbauten sie ein prachtvolles Königsschloß.
Es bestand aus hohen Säulenhallen, herrlichen Sälen und wundervollen
Höfen. Die Höfe zogen sich den Hügel hinauf und wurden durch Treppen
miteinander verbunden. In den Gärten blühten Feigen und Oleander,
Rosen und Granaten. Die Prunksäle erstrahlten in prächtigem Gold- und
Marmorschmuck. Der viereckige Löwenhof ward von einer Halle umschlossen,
die von 168 Säulen getragen ward. Berühmt war der Löwenbrunnen. Zwölf
Marmorlöwen trugen eine kunstvoll verzierte Schale aus schwarzem Alabaster.
Über ihr ruhte eine kleinere Schale, aus der ein mächtiger Wasserstrahl empor¬
schoß und sich in die große ergoß; aus dem Rachen der Löwen entströmte
das Wasser. Leider ist dieses herrliche Bauwerk später zum Teil zerstört worden.
b) D i e frucht- und weinreiche Süd - und Ostküste. Nach
Süden fällt das Gebirge Granada steil zum Mittelmeer ab. Das Gestade ist
ebenso herrlich wie die Riviera am Busen von Genua. Es ist das bevorzugteste
Stück von ganz Spanien; denn es fehlt weder an Wärme noch an Wasser,