Full text: Darstellender Anschauungsunterricht

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gung keineswegs das unterscheidende Prinzip, der Arbeitsgedanke 
will vielmehr aufgefaßt werden als eine Methode der geifti- 
gen Bildung. 
Bevor wir die Durchführung des Arbeitsgedan- 
k e n s auf dem Gebiete des elementaren Sachunterrichts 
zeigen, müssen wir die allgemeinen Vorfragen erörtern, die zur 
Fundierung eines didaktischen Hilfsbuches notwendig sind. Diese Vor- 
fragen sind zunächst psychologischer Art. Es muß die Frage 
beantwortet werden, welche Ansätze die Natur des Kindes für die 
Gestaltung des Weges der Selbsttätigkeit besitzt. Dabei werden einer- 
seits die Ergebnisse der Psychologie des Kindes berück- 
sichtigt werden müssen, andrerseits wird der Lernprozeß in 
seinen G r u n d z ü g e n darzustellen sein. Erst nach der Erledi- 
gung dieser Vorfragen können die eigentlichen Fragen aufgerollt 
werden, die nach den Bedingungen forschen, unter denen die 
Übermittelung des Bildungsgutes vor sich gehen kann. 
Der Hauptteil unserer Arbeit ist freilich nicht theoretischer Art. Die 
Skizzierung des Stoffes in der Gestalt, die für den Arbeits- 
prozeß die günstigste zielfördernde Gelegenheit auf- 
weist, haben wir als unsere Hauptaufgabe betrachtet. 
Das psychologische Hauptmoment für die Grundlegung des An- 
schauungsunterrichtes besteht notwendig in der Untersuchung der An- 
läge des Kindes und der Beschaffenheit des kindlichen Anschauungs- 
kreises. Über beide Untersuchungsgegenstände liegt eine ganze An- 
zahl von Veröffentlichungen vor. Aber man kann kaum sagen, daß 
diese Fragen zu einem befriedigenden Abschluß gekommen seien. 
Ganz im Gegenteil behaupten die wissenschaftlichen Vertreter der 
Psychologie des Kindes, daß wir mit unseren Untersuchungen über die 
psychologischen Prozesse der Kindesseele, über ihren geistigen Ur- 
bestand, ihren Umfang und Fortschritt erst am Anfange der Ar- 
b e i t stehen. 
Man darf im allgemeinen sagen, daß das sechsjährige Kind mit 
allen geistigen Funktionen ausgestattet ist, die auch der Erwachsene 
ausübt; aber sie haben weder die Stärke noch die V o l l k o m- 
m e n h e i t des reiferen Alters. Das Gleichgewicht der geistigen 
Kräfte schwankt so sehr, daß man ein Kind in geistiger Beziehung 
nicht als einen kleinen Erwachsenen ansehen darf, wie es die psycho- 
logische Grundlegung der offiziellen Pädagogik noch vor wenigen 
Iahren fast durchweg getan hat. Das kindliche Geistes- 
leben ist vielmehr von dem des Erwachsenen außer- 
ordentlich verschieden. Zunächst können wir feststellen, daß 
der Umfang seiner Erfahrungen bedeutend geringer ist. Dem 
Kinde fehlt die große Menge von Erfahrungen, die der Er¬ 
wachsene zur selbständigen Führung seines Lebens bedarf. Es sind
	        
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