84 Drittes Kapitel.
Von der Schnellzugslokomotive bis herab zur Handnähmaschine, die nicht
in Chemnitz hergestellt würde.
7. Eine solche Industriestadt muß natürlich auch einen riesigen
Eisenbahnverkehr haben. Die Karte zeigt sieben in Chemnitz ein-
mündende Linien; besonders gelangen die fast vor den Toren der Stadt,
im Lugauer Reviere, gewonnenen Kohlen, denen sie ein gut Teil ihrer
Blüte verdankt, bequem iu die Stadt.
Die Chemnitzer Talsperren. Während Leipzig sein Trinkwasser aus
einem alten Muldenbette und Dresden das seinige aus dem Elbtale entnimmt,
gewinnt es Chemnitz mit Hilfe dreier Talsperren. Die eine sperrt einen kleinen
Zusiuß der Zwönitz (bei Einsiedel), die beiden andern sperren Zuflüsse der Flöha
(bei Lengefeld) ab. Die wesentlichen Stücke einer solchen Talsperre für Trink-
wasser (Bild zeigen) sind die gewaltige Sperrmauer, der weite See dahinter, die
Filtrieranlagen und die Rohrleitung uach der Stadt.
Wo die meisten Chemnitzer Bausteine herkommen. Nordöstlich von
Chemnitz am Rande des Talkessels erhebt sich, 100 m über der Stadt, ein
waldbedeckter Berg, der Zeisigwald. Er besteht wie der Rochlitzer Berg aus
Porphyrtuff, das ist vulkanische Asche, die sich im Laufe der unmeßbaren Zeit zu
einem rötlichen, sandsteinartigen Gesteine verfestigt hat. An Festigkeit steht das
Gestein vom Zeisigwalde freilich dem vom Rochlitzer Berge weit nach, aber es
ist leicht abzubauen und zu behauen und bequem in die tiefer liegende Stadt zu
bringen, die bei ihrem schnellen Wachstums Bausteine in Massen braucht. So
ist der Zeisigwald der Hauptlieferant für Bausteine geworden; ca. 40 gewaltige
Steinbrüche, in denen 600 Arbeiter tätig sind, liegen an den Abhängen des
Berges. In dem Gesteine hat man völlig verkieselte Baumstämme gefunden,
die einst durch den Aschenregen verschüttet worden sind.
Andere Städte des Zwickauer Steinkohlenbeckens.
1. Die Städte des Zwickauer Kohlenbeckens sind alle Fabrik-
städte, und die meisten haben mit dem Aufkommen der ^abrikiudustrie
ein außerordentlich rasches Wachstum gehabt, zu dem wesentlich die
Rahe der Kohlenschächte und die Lage an wichtigen alten Straßen bei-
getragen haben. Um dies klarer zu erkennen, braucht man nur an stille,
von Kohlenbergwerken und auch oft vou großen Straßen weit entfernte
Städte in der nordsächsischen Tiefebene, wie Brandis, Dahlen, Lommatzsch,
Mügeln, Strehla, Elstra, Weißenberg u. a. m. zu denken. Glauchau
und Meerane haben ein geradezu amerikanisches Wachstum gehabt,
doch kein stetiges. Die Anfertigung halbwollener Kleiderstoffe brachte
sie in die Höhe, Arbeiter strömten massenhaft zu; als aber uach dem
Kriege 1871 Elsaß, das dieselbe Ware fertigte, diese zollfrei in Deutsch-
laud verkaufen durfte, brachte diese Konkurrenz einen so starken Rück-
schlag, daß das Wachstum der Städte eiue Zeitlaug völlig aufhörte.
2. In allen Städten des Zwickauer Kohlenbeckens finden sich die
Chemnitzer Industrien wieder, die Textilindustrie und der Maschinen-
bau, wozu hier uud da noch eine andere, z. B. Tabakindustrie oder