Full text: Heimatkunde des Fürstentums Schaumburg-Lippe

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nach Westen ging. Sa konnte niemand bevorzugt werden. Jeder 
bekam gutes uud schlechtes, naheliegendes und entferntes Ackerland. 
Angesehene Volksgenossen erhielten mehrere Lose. Aus allen Feldern 
mußte dieselbe Frucht gebaut werden, auch die Bewirtschaftung 
gleichzeitig geschehen. Ferner mutzte jeder dulden, datz aus seinen! 
Brachlande geweidet und über seinen Acker gefahren wurde. Neben 
der Feldgemeinschaft herrschte also der Flurzwang. — Allmäh¬ 
lich mangelte es hier wie bei anderen Volksstämmen infolge von Über¬ 
völkerung an dem erforderlichen Grund uud Boden. Darin liegt 
jedenfalls eine der Veranlassungen, die zur späteren Völkerwan- 
derung führten. 
Was die Ackerbewirtschaftung anbetrifft, so war die Herbst- 
bestellung, auch die Obstkultur, der Garten- und Wiesenbau aufäng- 
lich noch unbekannt, das Ackerland noch nicht dauernd vou Wald- 
und Weideland geschieden. Aber während noch zu Casars Zeit 
alljährlich ein neues Stück Wildland verteilt uud iu Anbau ge- 
nommen wird, werden zur Zeit des Tacitus schon in längeren 
Zwischenräumen neue Ackerfluren abgegrenzt und unter den Pflug 
genommen. Da mau deu Acker nicht düngte, konnte mau ihu nur 
einige Jahre hintereinander bebauen; dann ließ man ihn ebenso 
lange brach liegen. Der Ubergang von dieser sogenannten Wechsel- 
oder Zweifelderwirtschaft zur Dreifelderwirtschaft durch Ein- 
sührung der Wintersaaten hat sich erst viel später vollzogen, aber 
noch längere Zeit vor Karl dem Großen. 
Staatliche Einrichtungen. Die Bevölkerung war in drei 
Stände geschieden. Als vornehmste Klasse galt durch Ansehen und 
Besitz der Adel (westgerm. etheling, althochd. adaling), aus dem 
in der Regel die Führer gewählt wurden. Die große Masse des 
Volkes bildeten die Freien, die alle gleichberechtigt waren. Die 
Unfreien (Knechte, Sklaven) waren Kriegsgefangene, Fremde oder 
durch freiwillige Unterwerfung aufgenommene Kolonisten. Sie 
dienten als Hausgesinde oder hatten als Landsiedler bestimmte Ab- 
gaben und Herrendienste (Fronden) zu leisten; ihre Zahl war nicht 
bedeutend. Ein Unfreier konnte für besondere Verdienste durch 
Wehrhastmachung (Belehnung mit Schild und Speer) auf Beschluß 
der Volksversammlung freigelassen werden. — Bei den Westgermanen 
gab es noch als Zwischenstufe zwischen Freien und Unfreien die
	        
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