I. Zeitalter der Entstehung und Entwicklung der Großmächte. 17. u. 18. Jahrh. 7
Holland durch seine tatkräftige Kriegführung. Die Deiche wurden durch-
stochen, ein Landheer gesammelt, die Festungen hielten sich, die fran¬
zösische Flotte wurde zurückgeschlagen, Luxemburgs kühner Marsch auf
Amsterdam über das Eis der Stauungswasser mußte wegen plötzlich ein-
tretenden Tauwetters aufgegeben werden.
Inzwischen hatte Friedrich Wilhelm von Brandenburg vor Turenne
bis zur Weser zurückweichen müssen und schloß nun den Frieden zu Vossem
unter Wahrung seiner Pflichten gegen das Reich im Falle eines Krieges.
Als 1674 Kaiser und Reich, dem sich auch Friedrich Wilhelm an-
schloß, und Spanien an Frankreich den Krieg erklärten, räumten die
französischen Heere unter surchtbarer Plünderung die Niederlande, der
Krieg wurde darauf in den spanischen Niederlanden, der Franche-Comte
und auf deutschem Reichsgebiet am Mittel- und Oberrhein geführt.
Friedrich Wilhelm wurde durch den Einfall der Schweden in die Mark
aus dem Elsaß abberufen. Karl II. wurde vom Parlament zum Frieden
genötigt, nachdem die englische Flotte unglücklich gefochten hatte.*)
1678 wurde der Frieden zu Nymwegen geschlossen; die Republik
der Niederlande erhielt alle verlorenen Besitzungen zurück, Spanien verlor
die Franche-Comte und einige feste Plätze in den Niederlanden,
der Kaiser trat Freiburg i. Br. ab, wogegen Ludwig XIV. das Besetzungs-
recht von Philippsburg aufgab.
1679 gab Friedrich Wilhelm von Brandenburg im Frieden von
St. Germain eit Laye an Schweden Vorpommern mit Stettin und
Rügen zurück. (Vgl. § 29.)
Nach diesen Friedensschlüssen war Ludwig XIV. so mächtig geworden,
daß er sich gegen seine Nachbarn jede Willkür ungestraft erlauben durfte.
§ 5, Die Reunionskammern. Die Besitzergreifung Straßburgs. Da
in den Friedensschlüssen zu Münster und Nymwegen die Frage offen
gelassen worden war, ob die an Frankreich gemachten Abtretungen im
damaligen engeren Sinne oder im früheren weiteren zu verstehen seien,
konnte jetzt in Frankreich die Theorie aufgestellt werden, daß in den
Bestimmungen der Friedensschlüsse alle Besitzungen, die jemals zu den
abgetretenen Gebieten gehört hätten, eingeschlossen seien und demgemäß
wieder mit ihnen vereinigt werden müßten. Daraus wurden bei den Paria-
menten zu Metz, Besancon und Breisach Kammern gebildet (Chambres
de reunion) und mit der Untersuchung darüber beauftragt, was ehemals
zu den Gebieten der Bistümer Metz, Toul und Verdun, zur Franche-
Comte und zu den Besitzungen im Elsaß gehört habe. Die von den
Kammern der französischen Krone zugesprochenen Gebiete wurden sofort
militärisch besetzt und, ohne daß Maßregeln zur Abwehr getroffen worden
*) 1675 fiel Turenne bei Saßbach im Schwarzwald. De Ruyter blieb vor
Messina, als er das abgefallene Sizilien für Spanien zurückerobern sollte.