Full text: Bilder aus dem sächsischen Berglande, der Oberlausitz und den Ebenen an der Elbe, Elster und Saale (Bd. 7)

Der Erzgebirger. 67 
man auf die Inschrift: „Gott hat geholfen, Gott hilft. Gott wird weiter helfen." 
Als Mitbewohner der Hütten trifft man viele Stubenvögel; die Vogelliebhaberei 
ist im Erzgebirge ebenso zu Hause wie in andern deutschen Mittelgebirgen. 
Der Erzgebirger darbt sich die Ausgabe für das Futter, das fein Vogel braucht, 
lieber am Munde ab, als daß er jenen mißt In besonderer Gunst stehen 
Hänfling, Fink, Zeisig, Stieglitz und Kreuzschnabel. Der letztere, bei den Leuten 
Grünitz oder vielmehr Grienitz genannt, dient nicht bloß zur Unterhaltung, 
sondern muß zugleich Dienste als Kinderarzt leisten. Wenn die kleinen Kinder 
anfangen zu zahnen, so setzt man ihn im Käfig unter die Wiege, weil die Mütter 
glauben, daß er „die Krämpfe an sich ziehe." 
Eine erzgebirgische Stube. 
Die eigentümliche Form seines Schnabels ist nach dem Glauben des Volkes 
die Folge eines Fluches, den Christus über einen solchen Vogel aussprach, der 
ihn am Kreuze anhackte; er verdammte ihn, in Ewigkeit einen Schnabel in 
Kreuzesform zu tragen. 
Früher fingen sich die Lente nngefchent Vögel, soviel sie wollten. Mit 
dem „Stellberich", wie alles zum Vogelfange nötige Gerät, als Leimbüchse, 
Leimruten, Netze, der Käfig für den Lockvogel u. s. w., genannt wurde, ging 
man hinaus in den Wald; und wer die Stellen zum Fauge und die dazu 
geeignete Zeit gut auszuwählen verstand, hatte bald die erwünschte Beute er- 
langt. Die Gesetzgebung der Neuzeit hat dieses Treiben verboten; aber die 
Liebhaberei ist zu mächtig und ein rechtmäßig erworbener Vogel zu teuer, als 
daß nicht dem Gesetz zum Trotz die Vogelstellern im geheimen immer noch 
getrieben würde. Im böhmischen Städtchen Bäringen, südsüdöstlich von Platten 
gelegen, beschäftigen sich noch viele Leute gewerbsmäßig mit Vogelzucht. Es werden 
Gimpel gezüchtet und dressiert. Nach einem Leierkasten werden ihnen die Melodien 
angelernt, und wenn sie ihre Studien vollendet haben, werden sie oft weit ver- 
schickt. Ein guter Pfeifer wird dann oft mit 30 bis 45 Mark bezahlt. 
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