214 Die Grafschaft Glatz.
und Böhmen bildet. Die Erlitz hat ihre Quellen an den Seeseldern, einem
eigentümlichen Revier von wenig anziehendem Aussehen. Die Gegend ist öde,
menschen- und verkehrsarm. Es liegen nämlich die Seeselder in einer Höhe
von 784 m, indem sie einen Raum von 90 ha umfassen, auf der Wasserscheide
der Oder und Elbe. Sie enthalten dunkles, schillerndes und ockerreiches Torf-
Wasser von etwas faulem Geschmack. Daß sie unergründlich sind, ist eine für
das Volk längst ausgemachte Sache. Die Entwässerung der Felder begann bald
nach der preußischen Besitznahme der Grafschaft; es wurden Gräben nach der
Weistritz und nach der Erlitz geleitet, aber entwässert oder vielmehr entsumpft
ist die Gegend nicht worden. Die Felder sind mit einem Rasen überdeckt, der
aus Moos, Heide-, Beerenkraut und andern Torfpflanzen gebildet wird; nn-
mittelbar unter dieser Decke liegt ein durch seine Mächtigkeit ausgezeichnetes
Lager von Torf, der fest, schwarz und als Feuerungsmittel brauchbar ist. An
einzelnen Stellen liegt der Torf 7 in tief; unter demselben befindet sich eine
Sohle von verhärtetem, grauweißem Thon, der als Ofenkitt benutzt werden
kann. Erst unter dem Thon lagert Quadersandstein. Wenn lange Zeit trockenes
Wetter gewesen ist, kann ein vorsichtiger Wanderer die Seefelder ohne Gefahr
passieren. Aus ihnen heraus tritt die Erlitz, die sich durch das Gebirge hin-
durchbricht und nach Böhmen zur Elbe wendet.
Nördlich von den Seefeldern liegt die Hohe Menfe, an deren östlichem
Abhänge wir das höchstgelegene Dorf der Grafschaft, Gruuwald, finden in einer
Seehöhe von 870 m. Hier entspringt die Reinerzer Weistritz; an sie schließen
sich die Böhmischen Kämme, die westlich von der Erlitz ziemlich steil emporsteigen
und sich gegen 18 km von Süden nach Norden hinziehen, auch zahlreiche Ausläufer
nach Westen entsenden, die allmählich in niedrige Hügellandschaften übergehen.
Reinerz (3330 Einwohner), das seine Bedeutung und seinen Ruf dem
daselbst in frühester Zeit betriebenen Bergbau auf Eisen verdanken soll, liegt
an der Weistritz und ist nach dem großen Brande im Jahre 1845 meist massiv
aufgebaut worden. In einem engen Thale, in der Vorstadt Vorder-Kohlan,
ist seit 1797 das Bad Reinerz eingerichtet, nachdem neben der bereits seit 1623
gebrauchten kalten (11° C.) Quelle noch eine zweite, die sogenannte laue (17,5 0 C.)
Quelle, entdeckt worden war. Außer den genannten sind jetzt noch drei andre
Quellen zum Trinken und Baden in Benutzung; sie werden gegen Brust-,
Luftröhren- und Unterleibskrankheiten gebraucht. Die Zahl der Kurgäste beträgt
jährlich 2000 bis 2500; der Aufenthalt daselbst ist wegen der lohnenden Aus-
flüge angenehm.
Das Ratschen- und Heuscheuerg ebirge; Cudowa. In der Nähe von
Reinerz liegt ein steiler, bewaldeter Bergkegel, der die Ruine des Hummel-
schlosses trägt, eines Schlosses, von dem die Sage mehr weiß als die Geschichte.
Nordwestlich von Reinerz liegt ein kurzer Bergrücken, den man das Ratschen-
gebirge nennt, dessen Mittelpunkt der Ratschenberg ist. Dieser Berg ist bis
zum Gipfel hinauf kahl; an seinem Abhänge zieht sich entlang bis zur Höhe
die Kolonie Ratschenberg, die einen malerischen Anblick gewährt. Auf dem
Gipfel soll eine im Jahre 1428 von den Hnssiten zerstörte Burg gestanden
haben, doch sind Spuren derselben und Nachrichten über ihr Bestehen bis jetzt
noch nicht aufgefunden. Der Berg gelangte zu einer historischen Bedeutung,