Die Belagerungen der Stadt im Dreißigjährigen Kriege. 249
Soldaten im Gotteshause machten, so groß war, daß er nicht predigen konnte.
Um nicht ganz ihres Glückes und Wohlstandes beraubt zu werden, wurden
viele Bürger zum Schein katholisch. Als die Lichtensteiner abzogen, setzten ihr
Werk die in die Stadt gerufenen Jesuiten fort. — Im Jahre 1632 wurde
Schlesien der Schauplatz des Krieges. Ein brandenbnrgisch-sächsisch-schwedisches
Heer besetzte Schweidnitz, trotzdem sich die Stadt durch Erlegung von 4500
Thalern von der Einquartierung losgekauft hatte. Die Soldaten lagen drei
Monate in der Stadt und in den Vorstädten. Damals wurden die Jesuiten
und katholischen Priester wieder vertrieben und die lutherischen Geistlichen
zurückberufen. Die so schwer heimgesuchte Stadt wurde im folgenden Jahre
(1633) so hart mitgenommen, daß nur noch wenige Bürger am Ende des
Jahres übrig waren. Im Mai vernichtete eine Feuersbrunst 520 Häuser, im
Juli wurde die Stadt durch die Kaiserlichen unter Wallenstein verheerend, aber
erfolglos beschossen, und die Pest raffte den größten Teil der Einwohnerschaft
fort. Erst gegen Pfingsten des Jahres 1634, als die Pest aufgehört hatte,
fing man mit Ernst an, auf die Wiederherstellung der Stadt hinzuarbeiten;
man begann sich wieder häuslich einzurichten, und die bürgerliche Betriebsam-
feit regte sich. Doch war der Krieg noch nicht zu Ende. Die Kaiserlichen und
mit ihnen die Jesuiten waren nach Schweidnitz zurückgekehrt. Da nahte sich
Torstenson mit einem schwedischen Heere im Jahre 1642 der Stadt, die sich
verteidigen wollte. Das kaiserliche Heer, das den Bürgern Hilfe zu bringen
suchte, wurde vor Schweidnitz von den Schweden gänzlich geschlagen, und nun
folgte eine wütende Beschießung der Stadt. Weil auf keine Hilfe mehr zu
rechnen war. mußten die Bürger sich der Gnade des Belagerers überlassen, und
wie an so vielen Orten wüteten auch hier die Schweden entsetzlich. Die schwe-
dische Besatzung sah die Bewohner der Stadt als einen Feind an und behandelte
sie als einen solchen. Damals verließ mancher sein Haus und wandte den
Rücken der Heimat, die ihm kein sicheres Obdach mehr bot. Aber noch war
das Maß des Unglücks nicht voll. Der Kaiser suchte wieder zu erobern, was
er verloren hatte, und wollte die schwedischen Besatzungen aus den Städten
seiner Länder vertreiben. Am 24. November 1643 langten kaiserliche Truppen
an, um Schweidnitz zu entsetzen, und die Blockade begann. Was nun die be-
drängte Stadt leiden mußte, spottet jeder Beschreibung. Die Hungersnot hatte
eine solche Höhe erreicht, daß Hunde-, Katzen- und Pferdefleisch für Lecker-
bissen galten; man bat den Scharfrichter um das Fleisch der gefallenen Tiere
zur Nahrung. Nach lange vergeblich wiederholten Bitten gab endlich der Kom-
Mandant den Bürgern, die es wünschten, freien Abzug, weil er hoffte, nach
Verminderung der Einwohnerzahl sein Heer länger halten zu können. Als die
Thore geöffnet wurden, verließen Hunderte, die fast verhungert waren, die
Stadt. Die Soldaten rissen die Häuser nieder, um Holz zu gewinnen. Am
Ende des Jahres standen nur noch 118 Häuser in höchst baufälligem Zustande.
Erst am 14. Mai 1644, nachdem die Hungersnot tatsächlich den höchsten Grad
erreicht hatte, erfolgte die Übergabe der Festung an die Kaiserlichen. Als 1648
Friede geschlossen wurde, lag Schweidnitz, dem ein besonders hartes Los zugefallen
war, in Schutt und Asche, die Bewohner waren größtenteils ausgestorben, Habe
und Gut dahingeschwunden und die Mittel völlig erschöpft, denn allein an Ver-
pflegungsgeldern für Einquartierung hatte die Stadt 373 160 Thaler ausgegeben.