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bringt Rückschritt und Verfall mit sich. Das Fort, ein Hauptstütz- 
Punkt ihrer Macht, legt davon ein entsprechendes Zeugnis ab. Wohl 
nimmt sich die große, viereckige, von fünf runden Türmen überragte 
Steinmasse, von fern gesehen, stattlich aus; bei genauer Betrachtung 
aber findet man, daß es mehr einer Ruine als einem verteidigungs- 
fähigen Festungswerke gleicht. 
Hier Müßiggang und Verfall, dort Geschäftigkeit und gedeihliche 
Entwicklung: das Zollhaus — ein von allem bisher Gesehenen ver- 
schiedenes, lebensvolles Bild! Jndier in langen, blendend weißen 
Hemden, Araber, Neger, Perser und Europäer sieht man im 
regsten Verkehr. Vor mächtigen Wagen sitzt der Vertreter des indischen 
Zollpächters und läßt sich von seinen Gehilfen die Waren vorwägen, 
von welchen er Zoll erhebt. Scharen von Arbeitern vermitteln die Ab- 
und Zufuhr. Elefantenzähne von zwei bis acht Fuß Länge, roter Pfeffer. 
Gewürznelken und Simsimsaat in spitzigen Mattensäcken, riesige Ton- 
töpfe voll ausgelassener Butter, Kopal in Säcken und Kisten; Baum- 
wollenzeuge in Ballen, Häute und andere Waren; das sind die Haupt- 
Handelsgegenstände, welche den weiten Hof beengen und in immer neuer 
Menge vom Strande her aus soeben angekommenen Fahrzeugen herbei¬ 
geschleppt werden. 
In seinem Äußern entspricht das Zollhaus keineswegs den Schätzen, 
welche hier durch die Hände des Zollamtsvorstehers laufen, um weiter 
verschifft oder am Platze umgesetzt zu werden. Soviel auch in letzter 
Zeit an den verschiedenen Baulichkeiten gebessert und geändert worden 
ist, so kann es doch in einigen seiner Teile kaum als mehr denn ein 
elender Schuppen gelten. Aber in diesem Schuppen regt sich hundert- 
gestaltig das Leben, schwirrt es wie Bienen durcheinander, vom Mor- 
gen bis zum Abend wogt es ohne Unterbrechung fast von Kommenden 
und Gehenden, tauschen Europa, Asien und Amerika ihre Schätze 
mit Afrika. Dieser Schuppen ist wirklich der Mittelpunkt der Stadt 
und der Insel. v 
Laute Rufe: „Macht Platz, macht Platz!" Geschäftige Lastträger 
wollen sich einen Weg durch das Gedränge bahnen. Diese sogenannten 
Kuli, meist aus dem südlichen Arabien stammend, sind rüstige, kräftig 
gebaute Menschen. Schweißtriefend, jedoch unter stetem Gesänge, traben 
sie mit gleichmäßigen Schritten vorüber, immer zu je zweien oder 
vieren, auf ihren Schultern eine lange Stange tragend, in deren Mitte 
mit Kokosstricken die Warenbündel befestigt sind. Der vorderste singt 
im Takte der Schritte schnell die erste Hälfte eines kurzen Verses, und 
bricht mitten im Worte ab, welches jedoch, unmittelbar darauf einfallend, 
der Hintermann fortsetzt. _ Anfangs erscheint dieses Gebahren sonderbar 
und spaßhaft; bald aber sehen wir ein, daß ohne Gesang und strenges 
Takthalten die Schwingungen der Last unregelmäßig werden und den 
schnellen Lauf der Träger hemmen würden. 
Geogr. Bilder. II.' 17te Aufl. -)n
	        
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