Full text: Heimatkunde von München und Umgebung in Wort und Bild (Bd. 1)

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3. Von der Heimat der Pflanzen. 
Max hatte seinen Freund Georg besucht, der ihn schon 
öfters eingeladen hatte. Georgs Vater war ein Gärtner, der 
vor der Stadt einen großen Garten hatte, ein Glashaus voll 
Pslauzeu und einen Laden, in dem Kränze, Blumen und Blumen- 
stöcke verkauft wurden. Voll Stolz zeigte Georg seinem Freunde 
das schöne Besitztum. Am meisten gefiel Max das Glashaus. 
Es war sehr stark eingeheizt; die Luft darin war feuchtwarm. 
An den Wänden standen Pflanzen aller Art. Manche von ihnen 
hatte Max noch nie gesehen. Es gab prächtige Fächerpalmen 
mit breiten Blättern, hochstämmige Gummibäume, blühende 
Myrten-, Zitronen- und Oraugenbänmchen (statt g lies ein sch), 
an denen sich schon kleine Früchte ansetzten. „Warum müssen 
diese Pflanzen hier in der Hitze eingeschlossen sein und dürfen 
nicht im Freien wachsen?" fragte Max. „Vater hat mir ein- 
mal erzählt," erwiderte Georg, „daß diese Pflanzen eigentlich 
nicht bei uns wachsen, sie sind Fremdlinge. Ein weit entferntes 
Land ist ihre Heimat, dort wachsen sie im Freien. Sie werden 
dort größer und schöner und sind stattliche Bäume und Sträucher. 
Bei uns können sie den Boden und die Luft im Freien nicht 
ertragen; sie sind eben in der Fremde. Man muß sie in Töpfe 
stecken und die Erde so mischen, wie sie solche daheim gewohnt 
sind. Auch müssen sie in gewärmten Glashäusern stehen, man 
muß künstlich die Luft der Heimat herstellen. Tut man dieses 
nicht, so werden sie krank und gehen zugrunde." „Ei," sagte 
Max, „ich habe gar nicht gewußt, daß die Pflanzen auch ihre 
Heimat haben wie Menschen und Tiere und es scheint, sie ge- 
wöhnen sich ebenso schwer an die Fremde wie Menschen und 
Tiere auch!" 
4.Vom Heimweh. 
Es war einmal ein ganz, ganz armes Mädchen. Dieses 
wohnte mit seinen Eltern und Geschwistern unter dem Dache 
in einem engen Kämmerlein. Darin gab es nicht einmal ein 
Bett zum Schlafen, nur Stroh und alte Decken waren auf dem 
Bodeu ausgebreitet. Der einzige Tisch hatte nur drei Füße 
und die Bank wackelte ganz bedenklich. Kleiderkasten brauchten 
die Leute nicht, denn sie besaßen nur das eine Gewand, das 
sie am Leibe hatten. Der schadhafte Ofen rauchte abscheulich, 
wenn sie die Suppe kochen wollten und doch — wie gern hätten
	        
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