17. Der Ätna.
101
verkauft und beginnt erst allmählich wieder Kastanien anzupflanzen. Zwei
leere Hütten gewähren beim Ausstiege ein Obdach; die untere Casa befindet
sich fast an der oberen Grenze des Baumwuchses. Da aber der Weg durch
die nun folgende Eis- und Schneeregion immer beschwerlicher, der Wind
heftiger und die Luft kälter wird, so ist auch eine Rast in der zweiten höher
gelegenen Casa empfehlenswert. Nachdem wir uns durch Geröll und Lava-
blöcke, dnrch Schneefelder und Eismafseu emporgearbeitet haben, muß noch
der 300 m hohe Aschenkegel erklommen werden. Schwefeldämpfe, welche an
hundert Stellen an dem steilen Abhang hervordringen, erschweren jetzt das
Atmen, die dünne Luft bewirkt Ermüdung und ruft Brustschmerzen hervor.
Endlich sind wir oben angelangt und blicken in den von steilen Wänden um-
setzten gewaltigen Krater hinab. Es ist ein riesenhafter Kessel von sast
3 km Umfang, groß genug um eine Stadt in sich aufzunehmen. In der
greulichen Tiefe zeigt sich ein brodelndes Dampfmeer. Aus allen Ritzen der
Wände kommen gleichfalls Dämpfe hervor. Die Aussicht ist unbeschreiblich
erhaben. Ganz Sieilieu liegt im Sonnenschein ausgebreitet zu uuseru Füßen,
und weiter hinaus grüßt von allen Seiten das blaue Meer zu uns herauf.
Über der Landschaft aber lagert gleich einer violetten Pyramide der Riesen-
schatten des Ätna.
Oft schon setzte der Vulkan dnrch seine Ausbrüche die Bewohner der
Insel in Furcht und Schrecken. Dann öffneten sich die Flanken des Berges,
feurige Lava quoll aus der Tiefe hervor und floß alles verwüstend zu Thal;
oder die Feuerströme blieben im Innern des grollenden Vulkans, verursachten
aber so bedeutende Bodeuschwaukungen, daß die geängsteten Anwohner des
Berges erschreckt die Häuser und Ortschaften verließen, um unter Zelten zu
schlafen. Der älteste bekannte Ausbruch des Ätna fand 600 v. Chr. statt.
Der bedeutendste Ausbruch neuerer Zeit war der vom Jahre 1669. Bei dem-
selben verwandelten Erdstöße den Flecken Nicolosi in einen Trümmerhausen.
In der Nähe desselben bildeten sich die Monti rossi (roten Berge), eine Berg-
masse mit zweifachem Gipfel. Mehrere Krater öffneten sich uud begannen
ihre vernichtende Thätigkeit. 70 km weit hörte man das Donnern und
Dröhnen des Berges, 100 km weit stoben Sand uud Asche. Der Berg be-
kam eine 20 km lange, 2 m breite Spalte, aus welcher blendender Feuerschein
leuchtete; ein Lavastrom gelangte bis nach Catania und bedrohte die Stadt,
teilte sich aber vor derselben noch zeitig genug in zwei Arme und floß, die
Stadt zwischen sich nehmend, ins Meer. Erst nach vier Monaten kamen die Lava-
ströme zum Stehen uud noch nach zwei Jahren schlugen Flammen daraus hervor,
^etzt bilden die Monti rossi, ans deren Innerem damals Lavaglnten empor-
kochten, einen friedlichen Berg von rotem Gestein. Ginsterbüsche und Wolfs-
milch haben sich auf demselben angesiedelt, nnd an seinem Fuße gedeiht die Weinrebe.