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A. Auf der Pyrenäenhalbinsel.
verbrannte, eintönige Fläche aus, lebensunfähiger, steiniger, sandiger Boden.
Meilenweit keiu Busch, kein Baum, kein Hügel, auf dem der Blick ruhen
könnte. Das bange Gefühl der Verlassenheit ergreift uns in diesen unHeim-
lieh stilleu, menschenleeren, selbst von der Tierwelt gemiedenen Gefilden, in
denen zuweilen, wie in der Wüste, Fata morgana ihre wechselvollen, rasch¬
zerfließenden Bilder in die Lüfte zeichnet. Nach langer Wanderung tauchen
kleine Windmühlen anf, mit drehbarem Kopf, die Flügel dem Winde zugebogen,
einzelne Bauerugehöfte, fahl wie die Erde ringsum, gesellen sich hinzu, daneben
einige Hürden für die Schafe, die von einem dürftig gekleideten Schäfer ge-
hütet anf den Thymianweiden grasen; hier und da Feldarbeiter, die langsam
in der glühenden Sonnenhitze ihre schwere Arbeit verrichten. Denn auch diese
Steppe hat man anzubauen versucht. Mühsam liest man das Steingeröll
zusammen, türmt es zn einem Haufen auf und bricht etwa 20 Centimeter tief
den kiesigen Boden mit dem altspanischen Pfluge um, dessen Pflugschar nichts
anderes ist, als ein eisenbeschlagener Ast der Schwarzpappel. Der Pslüger
hält mit der Linken den Griff, in der Rechten den Stachelstock, der Pflüger-
bnrsche begleitet ihn. Dann streut man die Saat in den wenig gelockerten
Boden. Aber das Wasser ist in der Mancha eine seltene Kostbarkeit. Muß
doch selbst für die hier gelegenen Stationen der Eisenbahn, die von Madrid
nach Andalusien führt, das Wasser durch eine Maschine aus meilenweiter Ent-
fernung herbeigeleitet werden. Darum gewähren denn anch die Roggen- nnd
Hafersaaten mit ihren niedrigen, lichtstehenden Halmen, ihren welken, gelb-
lichen Blättern einen trostlosen Anblick. Nur spärlich lohnen sie die Arbeit
und den Schweiß des Bauern. So ist die Mancha noch vollkommen die öde
Landschaft, wie sie der Dichter Cervantes in seinen: Don Quixote de la
Mancha schildert, die Armut noch ebenso hier zu Hause, wie damals. Wir
wenden uns gern ab von dieser lebensarmen Steppenlandschaft. Weiter
wandernd atmen wir erleichtert auf — in der Ferne säumen blaue Höhen den
Horizont, die Weinhügel der Sierra Morena; verlangend lenken wir unsere
Schritte dahin.
So hat man nicht mit Unrecht Spanien ein Halbafrika genannt. Denn ab-
gesehen von der Ähnlichkeit der pyrenäischen Halbinsel mit dem gegenüberliegen¬
den Erdteile in Hinsicht auf die geringe Küstengliedernng, anf das Vorherrschen
der Hochebenensorm im Innern, greift afrikanische Natur mannigfach hinüber
in das europäische Nachbarland, und wie in den gesegneten spanischen Küsten-
landschaften des Mittelmeeres sich die Pflanzenfülle der tropischen Gegenden
Afrikas abspiegelt, so findet fich der Wüstencharakter dieses Erdraumes wieder
in den Steppen der Hochländer im Inneren Spaniens.
Nach Passnrflt it. n.